12.4.16

Fritz Lang

BRD 2015 Regie: Gordian Maugg mit Heino Ferch, Thomas Thieme, Samuel Finzi, Johanna Gastdorf 104 Min. FSK: ab 12

War Fritz Lang (1890-1976), der bedeutendste deutsche Regisseur der Vorkriegszeit, der Schöpfer von „Die Nibelungen" und „Metropolis", ein Mörder? War er deshalb so an der Geschichte des Düsseldorfer Serienmörders Peter Kürten interessiert? Regisseur Gordian Maugg verwebt auf packende Weise eine fiktive biographische Geschichte um Fritz Lang mit der Entstehung von dessen Meisterwerk „M – Eine Stadt sucht eine Mörder" aus dem Jahr 1931.

Ein verzweifelter Kokser, der mit seinen eigenen Trieben kämpft und nicht über eine verlorene Liebe hinweg kommt - so erleben wir den berühmten Stummfilm-Regisseur Fritz Lang (Heino Ferch) um 1930 herum: Weder Ruhm noch seine Ehefrau und Schreibpartnerin Thea von Harbou (Johanna Gastdorf) können ihn interessieren. Aber eine Zeitungsmeldung über eine Düsseldorfer Mordserie lässt ihn sofort aufbrechen und an den Tatorten recherchieren. Auf der Spur des legendären Massenmörders Peter Kürten trifft Lang einen Kommissar, der ihn noch immer verdächtigt, und eine junge Frau, die ihn an eine unter ungeklärten Umständen verstorbene Liebe erinnert.

Äußerst kunst- sowie reizvoll und elegant setzt Regisseur Gordian Maugg („Hans Warns - Mein 20. Jahrhundert", „Der olympische Sommer") wieder seine bewährten Collagen von historischem und inszeniertem Material ein, um schnell ein Gefühl der neuen Vorkriegs-Zeit zu schaffen: Die Schlagworte „entartet" und grölende SA-Horden tauchen nicht mehr nur am Rand auf, „Zeiten, die sich ändern" werden Lang angedroht. Dabei „inszeniert" Maugg gleich eine ganze Zugreise von Berlin nach Düsseldorf mit historischem Material und baut seinen Fritz Lang sogar in eine prägnante Szene aus seinem eigenen „M – Eine Stadt sucht eine Mörder" ein. Erinnerungen an grausame Kriegserfahrungen vermischen sich mit richtigem Kinotopp, wenn Lang seine Kriegs-Pistole einpackt. Ganz modern spürt Lang geradezu übersinnlich den Morden nach und wenn der Produzent auf Start der Dreharbeiten drängt, während der Prozess gegen Kürten noch läuft, muss man unweigerlich an die TV-Verfilmungen der NSU-Morde denken. Tatsächlich aber interessiert sich der sehr dichte und vielschichtige Film im Kern wie Truman Capotes „Kaltblütig" für die psychologische Struktur des Täters, der sich Lang beängstigend verwandt fühlt.

Wie sehr sich Fritz Lang in die Filmgeschichte eingeschrieben hat, zeigt selbst das aktuelle Cannes-Plakat: Es ist eine Szene aus einem fiktiven Fritz Lang-Film, inszeniert von Godard in „Le Mepris", in dem Lang sich selbst spielt, neben Brigitte Bardot! Dass es einen ungeklärten Mordfall in der Vergangenheit Langs geben soll, ist weniger bekannt. Gordian Maugg macht daraus gleich mehrere Geschichten, die sich nahtlos ergänzen: Eine der aufgeheizten Zeitstimmung, einen Krimi, eine biografisch, psychologische Analyse und eine Film-Geschichte. Das funktioniert erzählerisch und ästhetisch hervorragend, trotz einem anständigen, aber nicht herausragenden Heino Ferch in der Hauptrolle. Denn auch diesmal - wie Peter Lorre in „M" - ist wieder der getriebene Täter (Samuel Finzi als Peter Kürten) eindrucksvoller.