19.1.16

Die Wahlkämpferin

USA 2015 (Our Brand is Crisis) Regie: David Gordon Green mit Sandra Bullock, Billy Bob Thornton, Joaquim de Almeida 108 Min. FSK: ab 12

Man nennt sie „Calamity Jane", denn ihre Patzer und Ausfälle sind wirklich sensationell! Die Polit-Beraterin Jane Bodine (Sandra Bullock) hat sich nach erschütternden Erfahrungen im Wahlkampf-Geschäft in die Wälder zurückgezogen, wo sie mit ihren Töpferarbeiten lebt. Nicht der abgeschlagene, unsympathische Kandidat im bolivianischen Wahlkampf bringt sie zurück, sondern die Tatsache, dass ihr Erzfeind Pat Candy (Billy Bob Thornton) auf der gegnerischen Seite mitmischt.

George Clooney hat „Die Wahlkämpferin" zusammen mit Sandra Bullock produziert und es ist von Anfang an eine seiner bitteren Lektionen über den Stand unserer demokratischen Institutionen. Die Wahlkampf-Teams aus den USA sind eine reisende Söldner-Truppe, die sich und die gegnerischen Tricks besser kennt, als das jeweilige, austauschbare Land.

Sandra Bullock wirft zuerst ihr komödiantisches Talent in die Schale - oder in die Schüssel, denn Bolivien ist der blödeste Ort für ihre Höhenkrankheit. Mit 28 Prozent Rückstand auf den linken Spitzenmann könnte ihr Kandidat, der korrupte Ex-Präsident Castillo (Joaquim de Almeida) Hilfe gebrauchen, doch Jane macht in grandiosen Fettnäpfchen- und Party-Szenen erst ihrem Spitznamen alle Ehre. Dann kommt die geniale Idee, den Wählern nicht Lösungen oder Zukunft anzubieten, sondern „die Krise". Ein Konzept, das auch in der Bananen-Republik Deutschland (BRD) bestens funktioniert.

Regisseur David Gordon Green („Prinz Avalanche", „Ananas Express") macht aus wahren Begebenheiten des bolivianischen Wahlkampfes 2002 vom skandalösen Präsidenten Gonzalo Sanchez de Lozada und aus dem Dokumentarfilm „Der gelenkte Präsident" (Our brand is Crisis") einen klug entblößenden, einen komischen und erschreckenden Polit-Film. Wie die überheblichen Gringos ohne Spanisch-Kenntnisse Nachhilfe in Sachen verdorbender Politik geben, ist herrlich satirisch. So ungesund wie die Nahrung aus Chips und Zigaretten sind die Konzepte von Machiavelli & Co., lieber gefürchtet als geliebt zu sein. Jane legt den eigenen, ungeliebten Kandidaten rein und zwingt ihn in eine schmutzige Kampagne. Denn sie will unbedingt gewinnen! Nicht für ihren korrupten Volksverräter, sondern für sich und gegen das ekelhafte, sexistische Schwein Pat Candy. Was dank einer genialen Finte mit Goethe und Goebbels tatsächlich funktioniert.

Dabei muss der größte Fan des hörigen Privatisier-Präsidenten vom Internationalen Währungsfonds (IWF), ein naiver Junge aus den Slums, groß enttäuscht werden. Doch die letzten zehn Minuten der „Wahlkämpferin" protestieren mit der ganzen finalen Power eines hoffnungsvollen und optimistischen Politfilms dagegen, sich mit dem aktuellen Zustand der Demokratie abzufinden. Man glaubt bei aller zynischen Klarsicht gerne, dass zumindest eine Person den Wandel schafft.