28.12.15

Kirschblüten und rote Bohnen

Japan, Frankreich, BRD 2015 Regie: Naomi Kawase mit Kirin Kiki, Masatoshi Nagase, Kyara Uchida 109 Min. FSK: ab 0

Erst letzte Woche verzauberte „Unsere kleine Schwester" mit einer atemberaubenden Kirschblüten-Allee und vielen kulinarischen Köstlichkeiten. Nun folgt noch ein japanisches Meisterwerk mit mehr Kirschblüten und einer bewegenden Geschichte um eine besondere Leckerei.

Eine alte, etwas schrullige Frau bewirbt sich beim Imbiss für einen Job. Hier werden Dorayaki verkauft, japanische Pfannkuchen mit einer Füllung aus roter Soße. Kein Job für alte Leute, doch Tokue (Kirin Kiki) macht dem stillen, wortkargen Sentaro (Masatoshi Nagase) hinter der Theke klar, dass die Bohnenpaste namens „An" (so auch der Originaltitel) von ihren Händen in stundenlanger Arbeit hergestellt, seiner industriell gefertigen haushoch überlegen ist. Sentaro wird zum Schüler, staunt darüber, wie Tokue mit den Bohnen spricht, und plötzlich stehen die Kunden Schlange. Dann erfährt Sentaro, dass die neue Mitarbeiterin, die ihm ans Herz gewachsen ist, in einer Lepra-Klinik lebt.

Mit enormer Sorgfalt bereitet Tokue die Bohnenpaste für die beliebten Dorayakis zu: Da wird jede einzelne Bohne vor dem Waschen und Einweichen angeschaut; der Geruch verrät, wenn sie fertig gekocht sind. Die große Wertschätzung der Bohnen, die „extra von den Feldern hergekommen" sind, fiel auch jeder einzelnen Film-Szene anheim. Da ist nicht nur immer wieder der Zauber der Kirschblüten-Allee im Wechsel der Jahreszeiten sehr sehenswert. Das packt, lange bevor sich das bewegende Drama um die Lepra-Kranke zeigt. In einem alten Buch über die furchtbare Ausgrenzung dieser Menschen erklingt das Flehen „Wir wollen auch die Sonne sehen". Genau dieses Gefühl gibt Naomi Kawases Film in seinen Bildern wieder, während er auch Vorurteile und Ängste gegenüber der Lepra in den Gesichtern spiegelt. Kawase, die 2007 in Cannes den Großen Preis der Jury für „Mogari No Mori" erhielt, gelingen wie in ihren vorherigen Filmen („Still the Water" 2014) eindringliche Naturbilder. Zudem ist „An" eine Geschichte von zwei Menschen, die aus verschiedenen Gründen aus der Gesellschaft ausgeschlossen wurden. Sehr berührend in den traurigen, aber immer mit schönen Bildern und hoffnungsvollen Geschichten.