Straight Outta Compton
USA 2015 Regie: F. Gary Gray mit O'Shea Jackson jr., Corey
Hawkins, Jason Mitchell, Neil Brown jr., Paul Giamatti 147 Min.
Noch ein Musikfilm, einer von fünfen in dieser Kinowoche,
könnte man denken. Aber in dem Rapper-Vergnügen „Straight Outta Compton“ drehen
sich die Plattenteller auch um das immer noch brennende Politikum der
Polizei-Gewalt gegen Afroamerikaner. Die hauptsächlich in den Achtzigern
spielende Band-Bio über die legendäre Rap-Gang N.W.A schob inzwischen eine
Diskussion an, die „Straight Outta Compton“ eher als historisches Dokument,
denn als Spielfilm versteht. Allein der Name N.W.A, eine Abkürzung für „Niggaz
Wit Attitudes“, zeigt den politischen Zündstoff im Machtkampf us-amerikanischer
Ethnien. Zudem bildete das eigentlich kurze Leben der fünfköpfigen
Hip-Hop-Truppe (1986-1991) mit ihren wenigen Hits die Grundlage für
eindrucksvolle (Ice Cube) und gigantische (Dr. Dre) Karrieren im
Musik-Geschäft.
Im Vergleich zu anderen Neustarts aus der DJ-Szene („We are
your friends“) oder dem Knaben-Gesang („Der Chor - Stimmen des Herzens“)
siedelt diese Musik-Geschichte im Milieu des Gangsta-Rap der Westküste. Von
Anfang an bestimmt von willkürlichen Verhaftungen, Rassismus, Polizei- und
sonstiger Gewalt. „Straight Outta Compton“ spielt in Los Angeles, doch im
Gegensatz zum ärmlichen San Fernando Valley aus „We are your friends“ ist Compton
als Heimat der Rapper Kriegsgebiet von Banden und hat die höchsten
Kriminalitätsraten in den USA.
O'Shea Jackson (O'Shea Jackson jr.), der spätere Ice Cube, Andre
Romelle Young alias Dr. Dre (Corey Hawkins) und der kleine Dealer Eric Wright,
genannt Eazy-E (Jason Mitchell), entscheiden irgendwann, mehr aus ihrem
prekären Leben zu machen und nehmen 1987 ihr erstes Album „N.W.A and the Posse“
auf. Der weiße Manager Jerry Heller (Paul Giamatti) ist begeistert und nimmt
die Jungs unter seine Fittiche. Bei einer dieser völlig grundlosen
Polizei-Schikanen bietet er sogar staatlicher Gewalt die Stirn. Auch als das
nächste Album „Straight Outta Compton“ mit der Auskopplung „Fuck Tha Police“
sowohl Hit als auch Zielscheibe für FBI und Polizei wird, ist Heller auf der
Seite der Afroamerikaner, die sich mit Musik gegen all die erlittene Gewalt
wehren. Es ist ein - hier nur angedeuteter - Hohn, dass nicht der grimmig von
der Polizei verfolgte Song „Fuck Tha Police“ für die behördlich prophezeiten
Unruhen sorgt. Denn schließlich war es die Polizei selbst mit der öffentlich
gewordenen, brutalen Prügel gegen Rodney King, die 1992 bürgerkriegsähnliche
soziale Unruhen mit über 50 Todesopfern in Los Angeles auslöste.
Während der rasante Aufstieg mit schnellen Autos, schwerem
Schmuck-Gehänge und freizügigen Poolpartys gefeiert wird, zerfällt die
Freundschaft der Rapper. Hier kristallisiert sich Ice Cube nicht nur wegen seiner
Texte heraus. Er wird auch als derjenige dargestellt, der misstrauisch hinter
den Verträgen und dem Geld her ist. Zu Recht, doch erst als Dr. Dre seine
Solo-Karriere gestartet hat und sich mit den Rest-Rappern heftige Dis-Battles
liefert, entdeckt Eazy-E die Tricksereien von Manager Heller. Kurz darauf
bricht eine AIDS-Erkrankung bei Eazy-E aus, was die zerstrittenen Freunde
wieder zusammen bringt.
„Straight Outta Compton“ ist Musik-Geschichte für Rap-Fans
und mit den Rodney King-Unruhen im Hintergrund auch Zeitgeschichte samt deftigem
Sängerkrieg, der mit Lyrics und Fäusten ausgetragen wird. Snoop Dogg kommt im
Studio vorbei und Tupac Shakur nimmt „California“ auf. In der Lounge vor dem
Tonstudio spielen die brutalen Handlanger Dr. Dres schon den Banden-Krieg
zwischen West- und Ostküste, zwischen den Studios der Gangsta-Rapper, der
vermeintlich zum Tod von Tupac ein paar Jahre später führte.
Produziert wurde „Straight Outta Compton“ von Dr. Dre und Ice
Cube. Ersterer gilt nicht erst seit dem milliardenschweren Verkauf seiner „beats“-Kopfhörer
an Apple als reichster Hip-Hopper weltweit. Ice Cube spielt schon 1995 bei F.
Gary Grays Debüt „Friday“ für den Regisseur („Gesetz der Rache“, „The Italian
Job“, „Set It Off) und ist mittlerweile ein Film-Star. Noch familiärer wird es
bei der Besetzung des Ice Cube-Charakters durch dessen Sohn O'Shea Jackson Jr. Da
kann man keine selbstkritischen Einblicke erwarten und auch keine mutige
Filmkunst. Doch mit guten Schauspielern und solider Inszenierung erfüllt dieser
Musik-Film vor allem die Erwartungen der Fans, was sich schon beim US-Verkauf
zeigt.