19.4.15

Judgment - Grenze der Hoffnung

Bulgarien, BRD, Kroatien. Mazedonien 2014 (Sadilishteto) Regie: Stephan Komandarev mit Assen Blatechki, Ovanes Torosian, Ina Nikolova, Miki Manojlović 113 Min. FSK: ab 12

In einer trostlosen, armen Ecke Bulgariens an der Grenze zur Türkei zwingen Arbeitslosigkeit, die drohende Enteignung seines Hauses und das Mäkeln eines verwöhnten Sohnes den verwitweten LKW-Fahrer Mityo (Assen Blatechki), Flüchtlinge von der Türkei nach Bulgarien zu schleusen. Der sehr duldsame, stille Mann schmuggelt die Menschen wegen des Geldes über die Grenze, aber er kümmert sich auch besonders um seine arabischen und nordafrikanischen „Kunden", weil er unbewusst eine alte Schuld begleichen will. Denn was heute das Eindringen in die EU ist, war früher in umgekehrter Richtung die Flucht aus dem Ostblock. Mityos alter Kapitän aus der Ostblock-Armee (Miki Manojlović) fungiert jetzt als wohlhabender Anführer der Schleuser.

Der sinnloserweise auch beim synchronisierten Film nur ins Englische übersetzte Titel „Съдилището" (Sadilishteto) meint „Gericht" oder „Urteil" und bezeichnet einen schmal Berg-Grat an der Grenze zur Türkei und direkt am Abgrund. Es ist der - in diesem Film gar nicht so - schmale Grat zwischen den guten und den schlechten Menschen. Und selbstverständlich Schauplatz des Finales. Damit konstruiert der Film eine - auch historisch - gewagte Fallhöhe und verharrt dann doch nur in einer persönlichen Schuld-und-Sühne-Geschichte. Überzeugend ist er nirgendwo. Eigentlich erstaunlich, gelang dem 1966 in Sofia geborenen Regisseur Stephan Komandarev 2008 mit „Die Welt ist groß und Rettung lauert überall" doch treffsicher ein netter Road Movie-Familienfilm.

Der traurigerweise zu einer weiteren Flüchtlingskatastrophe anlaufende „Judgment" könnte Abläufe, Gründe, Details auf der Seite der Schleuser beleuchten. Doch er konzentriert sich vor allem auf das private Drama des gutmütigen Mityos, der die Flüchtlinge nicht wie sein Chef als „Abschaum" ansieht. Die dramatisch sein wollenden Szenen des Menschenschmuggels packen trotz Handkamera und Dunkelheit nicht. Dass die Figuren kaum überzeugen, mag auch an der schwachen Synchronisation liegen. Doch vor allem filmisch agiert Regisseur Stephan Komandarev sehr hausbacken: Das Offensichtliche wird immer noch einmal wiederholt, das düstere Geheimnis ist längst erahnt worden. Wie sie sich aufdrängte, diese schwere Erinnerung, geriet so überdeutlich, dass in der Banalität der Darstellung das Schockende der Geschehnisse an der Grenze wirkungslos bleibt.