11.3.14

Die Bücherdiebin

USA, BRD 2013 (The Book Thief) Regie: Brian Percival mit Geoffrey Rush, Emily Watson, Sophie Nélisse, Ben Schnetzer, Nico Liersch 132 Min. FSK: ab 6

„Niemand diente dem Führer so loyal wie ich!" Der Tod hat nicht nur als Erzähler viele starke Auftritte in der wechselhaften Verfilmung des Romans „Die Bücherdiebin" von Markus Zusak. Die Geschichte einer jungen Leserin in der Nazi-Zeit schafft es, als englischsprachige Produktion in den allzu bekannten Kulissen der Babelsberg-Filmproduktion so gerade, den Reiz der Vorlage am Leben zu lassen.

Liesel (Sophie Nélisse), Tochter einer Kommunistin (Heike Makatsch für ein paar Sekunden im Bild) wird 1938 zu Adoptiveltern verschickt. Ihr kleiner Bruder stirbt schon bei der Anreise. Während die Adoptivmutter Rosa Hubermann (Emily Watson) sie mit garstiger Strenge empfängt, wird ihr Mann zum liebevollen Pflege-Vater, der Liesel bald das Lebens beibringt. Unter anderem, indem der Schildermaler die Wände des Kellerraums zu einem riesigen Wörterbuch macht. Trotz der Ausgrenzung als „Neue" findet Liesel im Nachbarsjungen Rudi (Nico Liersch) bald einen Freund, der zu ihr hält, selbst als die Familie Hubermann den Juden Max (Ben Schnetzer) im Keller versteckt. Wie eine umgekehrte Scheherazade hält sie ihren geschwächten Max mit dem Vorlesen von Büchern am Leben, wobei sie dafür sogar beim Ortsvorsteher aus der Bibliothek klaut. Schließlich wird Liesel auch zur Vorleserin im Luftschutzkeller, um die Angst der Menschen zu vertreiben.

Von 1938 und der Progrom-Nacht über Kriegs-, Terror- und Bomben-Jahre bis zur Befreiung reicht der Erzählbogen bei „Die Bücherdiebin". Man kann dem Film nicht direkt vorwerfen, dass er ein Buch oder eine Geschichte „geklaut" hat. Es ist vor allem immer noch die Welt der Worte, die er beschwört und er steckt seine bedrohten Protagonisten dann gleich zwischen Wände voller Worte. Das ist ein sehr schönes Bild - im wahrsten Sinne des Wortes. Und auch übertragen, denn der jüdische Flüchtling verabschiedet sich von Liesel mit dem Satz: „Du wirst mich immer in deinen Worten finden, da lebe ich weiter."

Trotzdem, vieles wirkt in „Die Bücherdiebin" mehr gestellt als gelebt, die exzellenten Hauptdarsteller Geoffrey Rush und Emily Watson sind sehr unterfordert. Vor allem gibt es hier ganz ausnahmsweise mal ein Argument für die ansonsten kulturlose Synchronisation: Die hervorragende Emily Watson spricht als schlechte Person namens Frau Hubermann ein schlechtes Englisch mit deutschem Dialekt. Eine Entscheidung, die völlig sinnlos bleibt. Während auch alle anderen ihr Englisch deutschtümelnd verhunzen, reden dabei die Nazis weiterhin Deutsch, etwa bei den Hetzen zur Bücherverbrennung.

Ähnlich unpoetisch bringt auch die Filmversion eines Jugendbuches die Härte der Menschen im Regime, die Rassenlehre oder die Hakenkreuz-Fahnen überall rüber. Die Welt der Kinder ist ordentlich aufgeteilt: Die Außenseiterin Liesel, der stramme Nazi Franz Deutsche (sic!) und der nette deutsche Nachbarsjunge Rudi. Der Widerstand zeigt sich als ein Lesezirkel. Die zu bekannten Babelsberg-Kulissen sorgen dafür, dass Nazi-Deutschland oder DDR immer gleich aussehen. Das Grauen des Krieges zeigt sich weit weg von der Front vor allem in der Angst vor der Todesmeldung, in Verstümmelten und wenn Kinder und Alte eingezogen werden. Am Ende hat der mächtige Tod wieder das letzte Wort, wenn mehrere Bomben die zentrale Kulisse treffen. Dass dabei die Bilder in die Ferne rücken und das Wort rührend wirkt, ist nur ein schwaches Plädoyer für den Film.