19.3.12

Take Shelter

USA 2011 (Take Shelter) Regie: Jeff Nichols mit Michael Shannon, Jessica Chastain, Tova Stewart, Shea Whigham 125 Min. FSK ab 12

„Other Earth", „Melancholia" - war es das schon in Sachen Weltuntergang ausgerechnet in 2012? Nein, „Take Shelter" übernimmt den Stab, der über unseren Planeten gebrochen wird, auf beeindruckend spannende Weise. Eine ganz neue Art von meteorologischem Psychothriller.

Gewaltige, großartige Wolkenformationen, heftige Schauer, mit gelbem, öligem Regen. Riesige Starenschwärme in Panik. Eindrucksvolle Naturereignisse bestimmen die Leinwand in „Take Shelter". Atemlos verfolgt man schon in der ersten Szene, wie Curtis (Michael Shannon) zu dem bedrohlichen Wolken-Ungetüm hinaufstarrt. Immer ist der Himmel groß im Bild. Auf der anderen Seite dringt die Kamera in den Mikrokosmos des menschlichen Verstandes, wenn die Träume von Curtis wieder und wieder für Schrecken sorgen. Auch hier drohen Wolken, ein Sturm zieht auf. Dabei verursacht der Biss seines Hundes im Traum Curtis noch den ganzen Tag Schmerzen in der Realität!

Curtis ist kein Spinner, sondern ein Anpacker und Macher ebenso wie ein liebender Vater seiner taubstummen Tochter Hannah (Tova Stewart). Zuerst verheimlicht er seine Probleme vor seiner Frau Samantha (Jessica Chastain), lässt sich Medikamente verschreiben, denn die Angst ergreift ihn auch, weil bei seiner Mutter Schizophrenie ausbrach, als sie in seinem jetzigen Alter war. Immer mehr beeinflussen die Alpträume mit schrecklichen Visionen sein Handeln. So weit, dass seine Umgebung ihn für verrückt hält. Trotzdem wird der jahrelang ungenutzte Schutzkeller hinten im Garten umgebaut und erweitert. Da braut sich eindeutig was zusammen. In der Atmosphäre oder im Kopf von Curtis?

Auch dieser Film ist ein Anpacker, ergreift von ersten Moment an, verstärkt die spannende und auch unheimliche Atmosphäre zunehmend. „Take Shelter" hat etwas von Night M. Shymalans Filmen, besonders von „Signs", bleibt aber in jedem Moment glaubwürdig. Der Druck auf der Arbeit, die Sorge um die Tochter, die Geldprobleme der Familie spielen immer ihre Rolle. Fast wünscht man sich gegen die alltäglichen Sorgen die typische Film-Katastrophe herbei. Alles besser als diese Selbstzerstörung eines Menschen. Bis die nächste heftige Horror-Vision kommt. „Take Shelter" funktioniert auf zwei Schienen, in zwei Welten und beide sind höchst spannend.

Dem Hauptdarsteller Michael Shannon gelingen sehr, sehr eindrucksvolle Szenen. Der Schauspieler, der bislang in zahlreichen Nebenrollen („Bad Lieutenant - Cop ohne Gewissen") auftauchte, bekommt hier endlich Raum für eine ganz große Nummer. Jessica Chastain hatte 2011 mit „Tree of Life", „Wilde Salome", „The Help" und „Eine offene Rechnung" ihr Jahr. Hier gerät sie als zweifelnde Partnerin fast an den Rand der Aufmerksamkeit. Was aus Curtis' Perspektive verständlich wirkt, ist aus der Sicht der Frau völlig bescheuert und verantwortungslos. Die beiden Perspektiven halten sich bis zum sehr schön offenen Ende spannend die Waage. Ein toller Film von Regisseur und Autor Jeff Nichols, dessen Vorgänger „Shotgun Stories" aus 2007 leider nie in deutsche Kinos kam. Aber der nächste Film „Mud" ist schon abgedreht und soll 2013 laufen - Selbstverständlich wieder mit Michael Shannon sowie Reese Witherspoon und Matthew McConaughey.