29.2.12

Die eiserne Lady

Frankreich, Großbritannien 2011 (The Iron Lady) Regie: Phyllida Lloyd mit Meryl Streep, Jim Broadbent, Susan Brown 104 Min.

Don't buy british

Eine alte Dame kommt beim Kaufen der Milch nicht mehr in einer rücksichtslosen Welt zurecht. Eine einfache Szene mit vielen Widerhaken, denn dass Margaret Thatcher, Tochter eines Lebensmittelhändlers, selbst wegen des Wegkürzens der Schulmilch als „Milch-Diebin" verschrien war, ist nur eine pikante Note dafür, dass sie diese rücksichtslose Welt als Premierministerin selbst geschaffen hat. Doch so treffend wie in seiner Anfangsszene wird „Die eiserne Lady" später nie mehr. Großartig von Meryl Streep gespielt, bekommt eine der furchtbarsten und mörderischsten Politiker der Nachkriegszeit ein sentimental jämmerliches Denkmal.

Die verwirrte Frau, die vom Personal als Lady Thatcher angesprochen wird und die mit ihrem Mann Denis (Jim Broabent) frühstückt, der nicht mehr lebt, schweift in Erinnerungen ab zu ihrer Jugend, als sie mutig in den Bombennächten die Butter rettete, zum Treffen mit ihrer großen Liebe Denis und zu den politischen Anfängen. Es vermischen sich ein Diner vom Anfang ihrer Karriere mit dem am Ende ihres Lebens. Die romantischen Zeiten mit einem Mann, der sie genau so emanzipiert und ihrer Zeit voraus wollte, wie sie als Tochter eines Lebensmittelhändlers und als Oxford-Absolventin war, kontrastieren die Bemühungen ihrer Tochter, endlich die alten Sachen des verstorbenen Denis raus zu werfen.

Neben diesem unter dicker Maske bewegend gespieltem Privatteil taucht im Zeitraffer die Politik auf, für die Thatcher ihre Familie vernachlässigt hat. Da sind von Anfang an furchtbare markt-liberale Thesen, die nur noch von einer extremistischen Splitterpartei wie der FDP konserviert werden. Dazu kommt als Tiefpunkt ein absurder und für moderne Demokratien längst überwunden gedachter Krieg - für ein paar Schafweiden auf den Falklands gegen Argentinien. Die Eiserne Lady spielt hier Schiffe Versenken mit echten Menschen - hunderten von ihnen. Doch selbst hier macht der Film eher Punkte für die Kriegstreiberin anstatt sie von den Geistern tausender Tote verfolgen zu lassen. Meryl Streeps Können hilft hierbei hervorragend: „Die Eiserne Lady" ist ein Schauspiel-Film wie vor wenigen Jahren „The Queen". Die Streep ist kaum zu erkennen, hingegen direkt die extrem hohe, sich überschlagende Stimme, die furchtbaren Kostüme der verhassten Politikerin. Sollte man Streep dafür nicht eher eine politisch motivierte Goldene Himbeere anstelle eines Goldenen Ehrenbären verleihen? Dem politischen Kino, das die Berlinale immer auf ihre Fahnen schrieb, erfüllt man damit einen Bärendienst.

Denn Phyllida Lloyd, die Regisseurin von „Mamma Mia!" erzählt in ihrem sentimentalen Stückchen wenig analytisch und gibt keine biographische Erklärung für die eiskalten Kürzungen, die ein Land in Elend gestürzten. Fast glaubt man anfangs noch den verdrehten Tatsachen, mit denen Thatcher die Gewerkschaften zerschlug, die soziale Fürsorge brutal unter das Existenzminimum kürzte und öffentliche Betriebe zur Bereicherung weniger privatisierte. Eine der innen- und außenpolitischen größten Katastrophen europäischer Nachkriegs-Demokratien filmisch so zu verharmlosen, kann wohl nur mit einer exzellenten Schauspielerin funktionieren, bleibt aber eine Dreistigkeit, die man an der Kinokasse ignorieren sollte. Nebenbei ist diese „Iron Lady" auch langweilig und schwer erträglich jämmerlich.

28.2.12

Zehnmal Dix DVD

absolut MEDIEN/ARTE EDITION

Regie: Jennifer Alleyn

Kunst-Doku

In zehn Kapiteln von „Dix und die Gesellschaft" über die Schönheit, seine Familie, das Porträt, die „Nazi-Schweinerei" bis zu „Dix und das Malenswerte" erspürt die kanadische Filmemacherin Jennifer Alleyn mit begeisterten Gesprächspartnern Leben und Werk eines der bedeutendsten deutschen Maler des 20. Jahrhunderts. Sinnig ist der Titel dabei im französischen Original: „Dix fois Dix". Geprägt von der Philosophie Friedrich Nietzsches, erkennt Otto Dix (1891-1969) Schönheit auch im Hässlichen. Seine Bilder vereinen die Ambivalenz von Ästhetik und Grauen. Wie nur wenige Künstler seiner Zeit sieht Dix sich in der Tradition der großen deutschen Meister wie Dürer oder Cranach und greift auf die von ihnen verwendeten Techniken zurück. Im Kontrast dazu stehen seine Motive: Als Teil der Bewegung der Neuen Sachlichkeit im Berlin der 20er Jahre blickt Otto Dix aggressiv und kritisch gerade auf die verstörenden Aspekte des Lebens. Wie kaum ein Zweiter hat Otto Dix durch die Wandlungsfähigkeit und die Widersprüche seines Werkes die Zäsuren und Verwerfungen des Jahrhunderts der Extreme reflektiert. Er wurde das schlechte Gewissen einer Gesellschaft, die sich selbst beobachtet. Deshalb sind seine Werke auch heute noch so verstörend.

Garden State Special Edition / Blu-ray

Regie: Zach Braff

Arthaus

Fast in Vergessenheit geraten, erscheint „Garden State" gerade rechtzeitig als Blu-Ray: Andrew Largeman (Zach Braff) kommt aus L.A. in den "Garten-Staat" New Jersey zum Begräbnis der Mutter. Wie unter Drogen trifft der Verstörte alte Kumpel und feiert wilde Partys. Und unter Drogen ist er tatsächlich seit ein Unfall seine Mutter in den Rollstuhl brachte. Andrews Vater, Gideon Largeman (Sir Ian Holm), verschrieb sie als Psychiater persönlich seinem liebsten Patienten. Aber hinter dem scheinbar ziellosen Umhertreiben des unbeteiligten Mittzwanzigers steckt nun ein Entschluss: Andrew setzt die Tabletten ab und will auch die Last loswerden, die er seit der Kindheit trägt. Die Begegnung mit der witzigen aber auch seltsamen Sam (Natalie Portman) könnte dabei ein Glücksfall sein ...
Es ist äußerst bemerkenswert, wie der TV-Darsteller Zach Braff gleich Drehbuch, Regie und Hauptrolle meisterte! "Garden State" beginnt und überzeugt immer wieder mit starken Aufnahmen, etwa die des isolierten Andrew während der Party, die in Zeitraffer an ihm vorbei läuft. Doch der eindrucksvolle Debütfilm gewinnt vor allem mit den kantig und warmherzig gezeichneten Figuren. Szenen und Dialoge sind gleichermaßen humorvoll, selbstverständlich ohne die Zoten, die diesen Altersgruppen von vielen Filmen zugeschrieben werden. So kann man immer wieder lächeln und darf oft herzlich laut lachen. Als Extras begleiten diese klasse Romanze eine Menge Audiokommentare sowie das Übliche: Geschnittene Szenen; Making of; Trailer und Wendecover (bitte um kurze Antwort: Wer braucht Letzteres?).

Das gibt Ärger

USA 2012 (This means War) Regie: McG mit Reese Witherspoon, Chris Pine, Tom Hardy, Til Schweiger, Chelsea Handler 98 Min. FSK ab 12

Ein altes Ehepaar bestehend aus zwei knackigen Männern bekommt Beziehungsprobleme, weil sie der Wunsch drängt, auch mal so eine klassische Mann-Frau-Sache zu machen und sich beide blöderweise in die gleiche Frau, die Warentesterin Lauren (Reese Witherspoon), verlieben. Der Streit unter Freunden wird nun aufgepeppt von der Tatsache, dass FDR Foster (Chris Pine ) und Tuck (Tom Hardy) beim für die CIA berufsmäßig spionieren und töten. Nun beschäftigt jeder für sich eine Abteilung Überwacher, um die romantischen Fortschritte des anderen zu verfolgen.

Eine halbwegs originelle Idee, aus der etwas hätte werden können, mit besseren Schauspielern, guter Regie und vor allem einem anständigen Drehbuch (Timothy Dowling, Simon Kinberg). So reihen sich kurze Scherz-Szenen ohne Aufbau aneinander, die Charaktere (selbstverliebt vs. zurückhaltend) entwickeln sich nicht, selbst mögliche komische Eigenschaften wie die recht rabiate Tester-Wut von Lauren, werden nur spärlich genutzt. Regisseur McG ist mit seiner Action-Erfahrung aus „Terminator: Die Erlösung" und zwei Kino-Folgen von „Drei Engel für Charlie" fehl am Platze, denn die Action beschränkt sich auf zwei fünfminütige Szenen. Der andere Totalausfall des Films, Til Schweiger, wird meist unbeschäftigt als der unnötigste Filmschurke in die Kinogeschichte eingehen. Das Ende geriet so hochgradig langweilig und spießig, wie man es bei dem oberflächlichen Glanz des 21. Jahrhunderts nie erwartet. Dies ist verstaubtes Opa-Kino. Dass der Film und die ach so wilden Jungs Wert darauf legen, ja nicht voreilig mit einer Frau ins Bett zu gehen, während sie „auf der Arbeit" reihenweise Menschen umbringen, ist ähnlich pervers wie sich über die Blasenprobleme von US-Soldaten in Afghanistan aufzuregen.

27.2.12

Shame

Großbritannien 2011 (Shame) Regie: Steve McQueen mit Michael Fassbender, Carey Mulligan, James Badge Dale 100 Min. FSK ab 16

Michael Fassbender, der zurzeit vielleicht beste Schauspieler im englischsprachigen Raum, brilliert nach seiner Rolle als eher verklemmter Carl Gustav Jung in Cronenbergs „Eine dunkle Begierde" in Steve McQueens „Shame" (Schande) ganz anders, nämlich als sozial vereinsamter Sexsüchtiger. Das intensive Drama und sein genialer Hauptdarsteller waren Topfavoriten in Venedig und sind eine unbedingte Kino-Empfehlung.

Der New Yorker Brandon (Michael Fassbender) ist beruflich und bei den Frauen sehr erfolgreich. Ein gut aussehender, bestens bekleideter und auf den ersten Blick sympathischer Mann. Der allerdings jede Beziehung verweigert, einen hohen Verschleiß an Prostituierten hat und sowohl die Festplatte als auch seine Schränke voller Pornos. Beim Job überspielt Brandons Chef und Kumpel die Vermüllung des Computers. Zu Hause wird dies derart erotisierte aber einsame Leben kompliziert, als sich Brandons Schwester Sissy (Carey Mulligan aus „Alles, was wir geben mussten" und „An Education") bei ihm einquartiert. Sissy ist ihm sehr ähnlich und ebenso einsam, nur sie gesteht sich diesen Scherz ein. Haltlos torkelt sie durchs Leben, erbittet Hilfe vom großen Bruder, der darauf schnell schroff reagiert. Weil ihm hier jemand den Spiegel vorhält und schmerzliche Erinnerungen aufwühlt.

Gleichzeitig nimmt Brandon die Störung zum Anlass, es noch mal mit einer „normalen" Beziehungen zu versuchen. Das Date mit der Arbeitskollegin geht grandios schief, noch verletzender für die ahnungslose Frau gerät ein zweiter Versuch. Die Verzweiflung Brandons hat sich inzwischen im Mark des Publikums festgesetzt. Der selbstzerstörerische Trip eines vereinsamten Sexsüchtigen hat etwas vom erbarmungslosen Sog in „Requiem for a Dream" des Regisseurs Darren Aronofsky. Während sich einige Szenen mit viel nackter Haut skandalisieren ließen, stellt im Miterleben jeder neue Akt eine weitere Stufe der Qual Brandons dar. Sein extrem verzerrtes Gesicht auf dem Höhepunkt der Lust wird zum Schmerzensschrei.

Niemand anderes als Michael Fassbender traut man diese extreme Darstellung eines selbstauferlegten Martyriums zu. Der in Heidelberg geborene und in Irland aufgewachsene Sohn einer irischen Mutter und eines deutschen Vaters, begeisterte schon in McQueens Erstling „Hunger" als IRA-Kämpfer Bobby Sands im Hungerstreik. Er gilt nicht erst seit seinem Auftritt als Magneto in „X-Men. Erste Entscheidung" als eine der größten Leinwand-Sensationen. Mit „Shame" setzt der britische Künstler und Turner-Preisträger Steve McQueen dem staatlichen Gefängnis in „Hunger" die Fesseln extremer Freiheit entgegen. Brandon kann machen was er will - und geht daran zugrunde. Das Meisterliche dieses Films liegt aber in seiner Vielschichtigkeit und Offenheit: Er lässt sich nicht auf diese Grundzüge reduzieren, Gedanken über die Zukunft von Körperlichkeit in zunehmend digitalisierten Gesellschaften kommen unweigerlich auf.

Michael Fassbender erhielt in Venedig den Preis als Bester Hauptdarsteller, verdient. Denn auch im Vergleich zu seinen Rollen in „Inglourious Basterds", in Jane Eyre" oder demnächst in Soderberghs Action „Haywire" entgleitet dieses schauspielerische Chamäleon dem Wiedererkennen. Nicht vergessen sollte man Carey Mulligan als in ihrer Schwäche starker Gegenpart bei diesem extrem mitnehmenden und eindrucksvollen Gefühls-Film.

26.2.12

Die Reise zur geheimnisvollen Insel

USA 2011 (Journey 2: The Mysterious Island) Regie: Brad Peyton mit Dwayne Johnson, Michael Caine, Josh Hutcherson, Vanessa Hudgens, Luis Guzmán 94 Min. FSK ab 6

Fantastisch waren die Geschichten von Jules Verne. Unglaublich erscheint, was einige daraus machen. Nach der erfolgreichen Jugendkino-Adaption „Die Reise zum Mittelpunkt der Erde" (2008) mit Brendan Fraser führt die zweite Reise mit neuer Familienkonstellation mitten ins Herz digitaler Effekthascherei, mit einigen positiven Überraschungen dank „Großpapa" Michael Caine.

Der junge Sean (Josh Hutcherson) sucht neue Abenteuer, auch weil er Mutters Neuen, Hank (Dwayne Johnson), aus dem Weg gehen will. Verschlüsselte Funksignale führen Sean und Hank mit dem Piloten Gabato (Luis Guzmán als Ulknudel) und seiner Tochter Kailani (Vanessa Hudgens) zu einer verschollenen, hawaiianischen Insel, die Vernes' Captain Nemo als Basislager diente. Eine nette Erklärung führt Mini-Elefanten und Riesen-Insekten ein, bald taucht auch Seans Opa Alexander (Michael Caine) als Retter mit Tropenhelm auf.

So weit, so wie erwartet. Doch das wirklich Magische an der geheimnisvollen Insel ist eine richtig gute Figurenzeichnung, nachdem man den Sturm von sehr teuren und trotzdem billig wirkenden Effekten überlebt hat: Grandios das Zusammentreffen von ungeliebtem Stiefvater beziehungsweise Stief-Schwiegersohn Hank mit dem schrulligen Entdecker-Opa Alexander, der von ihm bald „Großmutter" genannt wird, während der Alte konstant die mangelnden Abenteurer-Gene an Hank bekrittelt. (Dabei kommt „The Rock" Johnson ausgerechnet von solchen Filmen her.) Tatsächlich pflegt Hank statt des Indiana Jones'schen „Ich hasse Schlangen" eine Abneigung gegen Eidechsen, die hier selbstverständlich in riesiger Form hinter den Menschlein her rennen. Doch der Wortwitz dieses Duells ist derart fein geschliffen und treffend, Michael Cain dabei glaubhaft vergnügt, dass diese Szenen all das 08/15-Brimborium drumherum aufwiegen. Einen Höhepunkt des absurden Humors bekam allerdings Johnson zugeschanzt, der seinem balzenden und arg schmächtigen Ziehsohn als wichtigste Eigenschaft eines Mannes kräftige Brustmuskeln vorführt - indem er mit ihr kleine Fruchtbeeren durch die Gegend schießt wie eine Ballmaschine beim Tennis. Nur noch einen weiteren Grund gibt es, für 3D-Effekte mehr an der Kasse zu zahlen: Ein fantastischer Flug auf Bienen (und trotz durchgehendem Musik-Overkill hummelt kein Rimski-Korsakow in der Luft rum) wird von hungrigen Kolibris gestört.

Dass der trotzige Sohn die Verantwortung des bemühten (Stief-) Vaters anerkennen muss, erwartet man eher bei Disney und nicht bei Warner. Ebenso die sentimentale Erkenntnis, dass ein ungeschickter (Zieh-) Vater immerhin besser ist, als einer, der sich aus dem Staub gemacht hat. Den Rest zieht das gemischte Programm „Die Reise zur geheimnisvollen Insel" kurz und knapp in weniger als 90 Minuten durch: Rudimentäre Abenteuer-Klischees, eine Handvoll Verne-Zitate, eine gelungene Familien-Zusammenführung, knackige junge Körper jederlei Geschlechts für das junge Zielpublikum und ein erstes Date für den Jung-Spund.

Die Reise zur geheimnisvollen Insel

USA 2011 (Journey 2: The Mysterious Island) Regie: Brad Peyton mit Dwayne Johnson, Michael Caine, Josh Hutcherson, Vanessa Hudgens, Luis Guzmán 94 Min. FSK ab 6

Fantastisch waren die Geschichten von Jules Verne. Unglaublich erscheint, was einige daraus machen. Nach der erfolgreichen Jugendkino-Adaption „Die Reise zum Mittelpunkt der Erde" (2008) mit Brendan Fraser führt die zweite Reise mit neuer Familienkonstellation mitten ins Herz digitaler Effekthascherei, mit einigen positiven Überraschungen dank „Großpapa" Michael Caine.

Der junge Sean (Josh Hutcherson) sucht neue Abenteuer, auch weil er Mutters Neuen, Hank (Dwayne Johnson), aus dem Weg gehen will. Verschlüsselte Funksignale führen Sean und Hank mit dem Piloten Luis Guzmán (Gabato als Ulknudel) und seiner Tochter Kailani (Vanessa Hudgens) zu einer verschollenen, hawaiianischen Insel, die Vernes' Captain Nemo als Basislager diente. Eine nette Erklärung führt Mini-Elefanten und Riesen-Insekten ein, bald taucht auch Seans Opa Alexander (Michael Caine) als Retter mit Tropenhelm auf.

So weit, so wie erwartet. Doch das wirklich Magische an der geheimnisvollen Insel ist eine richtig gute Figurenzeichnung, nachdem man den Sturm von sehr teuren und trotzdem billig wirkenden Effekten überlebt hat: Grandios das Zusammentreffen von ungeliebtem Stiefvater beziehungsweise Stief-Schwiegersohn Hank mit dem schrulligen Entdecker-Opa Alexander, der von ihm bald „Großmutter" genannt wird, während der Alte konstant die mangelnden Abenteurer-Gene an Hank bekrittelt. (Dabei kommt „The Rock" Johnson ausgerechnet von solchen Filmen her.) Tatsächlich pflegt Hank statt des Indiana Jones'schen „Ich hasse Schlangen" eine Abneigung gegen Eidechsen, die hier selbstverständlich in riesiger Form hinter den Menschlein her rennen. Doch der Wortwitz dieses Duells ist derart fein geschliffen und treffend, Michael Cain dabei glaubhaft vergnügt, dass diese Szenen all das 08/15-Brimborium drumherum aufwiegen. Einen Höhepunkt des absurden Humors bekam allerdings Johnson zugeschanzt, der seinem balzenden und arg schmächtigen Ziehsohn als wichtigste Eigenschaft eines Mannes kräftige Brustmuskeln vorführt - indem er mit ihr kleine Fruchtbeeren durch die Gegend schießt wie eine Ballmaschine beim Tennis. Nur noch einen weiteren Grund gibt es, für 3D-Effekte mehr an der Kasse zu zahlen: Ein fantastischer Flug auf Bienen (und trotz durchgehendem Musik-Overkill hummelt kein Rimski-Korsakow in der Luft rum) wird von hungrigen Kolibris gestört.

Dass der trotzige Sohn die Verantwortung des bemühten (Stief-) Vaters anerkennen muss, erwartet man eher bei Disney und nicht bei Warner. Ebenso die sentimentale Erkenntnis, dass ein ungeschickter (Zieh-) Vater immerhin besser ist, als einer, der sich aus dem Staub gemacht hat. Den Rest zieht das gemischte Programm „Die Reise zur geheimnisvollen Insel" kurz und knapp in weniger als 90 Minuten durch: Rudimentäre Abenteuer-Klischees, eine Handvoll Verne-Zitate, eine gelungene Familien-Zusammenführung, knackige junge Körper jederlei Geschlechts für das junge Zielpublikum und ein erstes Date für den Jung-Spund.

25.2.12

John Irving und wie er die Welt sieht

BRD 2012 Regie: André Schäfer (The World According to Irving) 93 Min.

Genau. Das ist er. Der John Irving, den seine vielen Fans kennen, der Gymnastikraum mit der Ringermatte, die kleine Schreibhütte mit Blick auf eine krumme Kiefer und den See in Vermont. Wir schauen dem großen Schriftsteller, der am 2.3. seinen 70. Geburtstag feiert, beim Arbeiten zu, während im Off eine seiner Figuren über das Schreiben als Handwerk berichtet. Einer dieser Helden, die immer auch etwas von Irving in sich tragen, aus seinen bisher zwölf Romanen von „Garp und wie er die Welt sah", über „Das Hotel New Hampshire", „Gottes Werk und Teufels Beitrag", „Owen Meany", „Amsterdam" bis „Witwe für ein Jahr". Einiges wurde auch verfilmt, was Irvings Popularität noch steigerte.

Auch dieser Film schenkt einem - wie das Fotografen-Porträt „Anton Corbijn Inside Out" (Kinostart im Mai 2012) - einen sehr vertrauten Blick auf den Schriftsteller. Herrlich, wie er eigenhändig Pizza macht für das Drehteam und sich erkundigt, auf Deutsch, ob jemand „keine Pilze" oder Fleisch will. Selbstverständlich kein Selbstzweck, sondern schöne Überleitung zu wieder einem Stück aus den Romanen, bei denen die illustrierenden Bilder sehr einfach Orte und Menschen von Irvings intensiven Recherchen wiederfinden. Was nicht ohne Einfluss blieb. Seit „Letzte Nacht in Twisted River" enthält die Pizza eines Restaurants in Toronto „a la Irving" etwas Honig. Auch drei Ärztinnen im Zürcher Sanatorium Kirchberg erinnern sich und ein Organist, der mit Bachs Toccata den Bogen spielt von Irvings Informationsgespräch bis zu den fertigen Szenen im Roman „Bis ich Dich finde", aus dem hauptsächlich zitiert wird.

Wobei Film und Roman-Arbeit mit dem Nachdenken über letzte Sätze anfangen, letzte Sätze, die Irving unter anderem in „Garp" perfekt gelungen findet, „weil sie den Titel des Romans enthalten". Der Autor sieht sich als Architekt eines Romans, zeigt seine Notizbücher, die verschiedenen Stapel mit eigenhändig beschriebenen und teils einseitig schon benutzen Blättern, meint in schönstem Denglisch „there is a Straßenplan des Romans". Man ist schnell drin, im besonderen Irving-Humor, dran an der Persönlichkeit auch des obsessiven Sportlers: So wie Murakami die körperliche (Widerstands-) Kraft, die er bei Marathonläufen erlangt, als notwendige Basis des Schreibens erklärt, ist es für Irving die Erfahrung des regelmäßigen und langweiligen Trainings beim Ringen, die ihm die Geduld lehrte, an einem Roman zu arbeiten. So sehen wir den Schreiber immer wieder beim Seilspringen, bei der Gymnastik, beim schweißtreibenden Spinning auf einem hypermodernen Realryder-Hometrainer.

Und auf Reisen, die der Film nachvollzieht. Für „Hotel New Hampshire" nach Wien, zu einen Freund, dem Polizisten nach Amsterdam, zu den ehemaligen Prostituierten, die nun statt ihrem Körper stolz Irvings Foto im Schaufenster haben. Regisseur André Schäfer reiht die kleinen Funde aneinander, steigert aber lange nicht. Selbst die Kritik vom holländischen Tätowierer Henk, seine Informationen seien verfälschend benutzt worden, ist kein Aufreger, weil es naiv wäre, Anderes zu erwarten. Erst bei der Erzählung, wie schwer es ihm fiel, seinen leiblichen Vater zu finden, wir Irving sehr viel persönlicher, stiller.

So macht die nicht ganz runde Dokumentation nicht den Versuch, dunkle Seiten, Zweifel oder Geheimnisse bei Irving auszugraben. „John Irving und wie er die Welt sieht" ist ein schöner Film. Eine Wohlfühl-Dokumentation, dazu trägt auch die leise Klavierbegleitung von Ritchie Staringer bei. Man wird unweigerlich zum Fan oder man liebt ihn noch mehr - wenn das möglich ist.

23.2.12

The Nines (DVD)

USA 2007 (The Nines) Regie und Buch: John August, mit Ryan Reynolds, Melissa McCarthy, Hope Davis und Elle Fanning 100 Min.

Ist es ein Lynch? Oder ein aufgeräumter Kaufmann? Auf jeden Fall bekommt dieser „Nines" einen Platz im Regal der genial verrückten Filme zwischen „Southland Tales" und „Synecdoche New York".

Auf (mindestens) drei Ebenen spielen die gleichen Darsteller, allerdings veränderte Rollen. Ryan Reynolds (aktuell mit „Safe House" im Kino) zieht als TV-Star Gary, nachdem er die Klamotten seiner Ex und auch wohl sein eigenes Heim volltrunken niederbrannte und mit einer üppigen Prostituierten Crack ausprobiert hat, bis er mit seinem Auto Kopfstand machte, in einen luxuriösen Hausarrest. Während die PR-Agentin Margaret (Melissa McCarthy) Kindermädchen spielt, weist ihn die mysteriöse Nachbarin Sarah (Hope Davis) auf die Neunen hin, die er fortan überall sieht, bis sich diese Szene in weißem Licht auflöst. TV-Autor Gavin (Reynolds), der eigentliche Besitzer der Villa wird im Reality-TV-Stil mit Kameras dabei verfolgt, wie er seine neue Serie „Knowing" nicht an den Sender bekommt. Im Auftrag der Produzentin Susan (Hope) nimmt er seiner alten Freundin Melissa (Melissa McCarthy) die Rolle ab, für die sie „Gilmore Girls" aufgegeben hat. Und auch diese Episode endet mit einer Art „game over". Im Teil namens „Knowing" macht der Videospielgott Gabriel (wer wohl?) einen Ausflug mit Frau Mary (usw.) und Tochter Noelle, als er allein auf Sierra (S = Hope) trifft, die meint, er müsse seine Sucht aufgeben, in den Welten mitzuspielen, die er selber erzeugt hat. Alles klar? Vielleicht zur weiteren Verwirrung noch etwas Syntax des Films: Koalas sind die 8ten, die 9 ist der fast perfekte Schöpfer dieser Welt, aber kein Gott, der ist eine 10.

Die mysteriösen Zusammenhänge entwickeln sich bis zur schlüssigen Lösung zwar rätselhaft aber sehr humorvoll, wenn beispielsweise die Presse-Agentin erzählt, wie sie schon ein paar Zusammenbrüche von Robert Downey Jr. medial verarztet hat. Im autobiografischen zweiten Teil lässt der Erfolgsautor John August („Big Fish", „Charlie und die Schokoladenfabrik", „Charlies Angels"...) eigene Frustrationen miterleben. Versucht man nach den netten Verweisen auch zu entschlüsseln, wie sich die Ebenen mit den variierten Personen und den Referenzen aufeinander tatsächlich zueinander verhalten, kommt das Gehirn aus der Spur wie bei Lynchs „Lost Highway".

Doch die Auflösung ist - wenn man ein paar weitere Dimensionen zum normalen Leben zulässt - tatsächlich schlüssig. Nicht nur das, je mehr man drüber nachdenkt, umso mehr Bezüge werden deutlich. Dass Gavin in der zweiten Episode seine Hauptdarstellerin Melissa loswerden soll, die in Teil drei seine Frau ist, war auch schon ein Befehl von "oben", da noch vom Senderboss. Und den Notruf zu alarmieren, weil man keinen Bauchnabel hat, ist nicht nur dem Crack zu schulden. Zwar ist „The Nines" mit den drei konventionell hintereinander gezeigten Ebenen nicht so mutig konstruiert wie die Kaufmann'schen Rhizome „Being John Malkovic" oder „Synecdoche New York", aber dieser Film ist äußerst ungewöhnlich, weil sehr raffiniert eine Dimension außerhalb aller Handlungen aufgespannt wird.

Zurück zum Banalen: Ryan Reynolds kann sich in drei Rollen zeigen und macht das gut. Hope Davis' tolle Gesangseinlage „Is that all there is" muss man sich unbedingt in Englisch anhören, vor allem weil nicht nur sie sehr schlecht synchronisiert ist.

Eine amerikanische Special Edition enthält Deleted scenes, die Kommentarspur mit John August, Reynolds, McCarthy und Editor Doug Crise sowie unter vielem anderen auch den Kurzfilm „God" von August. Die deutsche DVD-Premiere ist ab dem 23. März 2012 zu haben.

22.2.12

Ghost Rider: Spirit of Vengeance

USA, Vereinigte Arabische Emirate, 2011 (Ghost Rider: Spirit of Vengeance) Regie: Mark Neveldine , Brian Taylor mit Nicolas Cage, Violante Placido, Ciarán Hinds, Idris Elba 96 Min. FSK ab 12

Wer reitet so spät durch Nacht und brennt? Es ist der „Ghost Rider" mit des Teufels Kind! Es gibt Filme, denen kann man nur mit schrägem Humor beikommen, „Ghost Rider" ist auch in der zweiten Runde so ein Fall: Der ehemalige Stunt-Rider Johnny Blaze (Nicolas Cage) wird nach einer Begegnung mit dem Teufel bei Wut nicht grün, sondern entflammt samt Motorrad zum Ghost Rider. Das überhitzte Einsammeln schwarzer Seelen soll dabei wohl so was wie ein Highlander-Effekt hervorrufen. Die Brandspur von Blaze führt ihn in der Fortsetzung nach Rumänien, wo leider keine Vampire auf Vespa-Roller auftreten, sondern der unschuldige Sohn des Teufels, den es zu retten gilt. Ein böses Omen! Mama ist auch schlagkräftig dabei, die drei Autoren haben auch „Terminator" gesehen!

So flieht und flüchtet man auf zwei und vier Rädern vor dem Bösen, Seelenheil wurde in den Navi eingegeben. Immer in Erwartung auf die nächste Action-Nummer des Feuerstuhls, der mal zu Recht so heißt. Am dicksten kommen die nächtlichen Effekte wenn der zum brennenden Skelett gewandelte Ghost Rider sich ans Steuer eines riesigen Abraum-Baggers setzt, um mit diesem sofort entflammten Ungetüm ein paar Killer wegzuräumen. Dabei kann selbst eine Panzerfaust das Höllenfeuer nicht bremsen.

Das Grimassieren, Kopfwackeln und verrückte Rumlachen von Nicolas Cage, ist das Bescheuertste, was der Schauspieler seit Herzogs „Bad Lieutenant" gemacht hat. Es ist zwar ein ganz besonderes Erlebnis, doch der Rest ist nur noch Trash, filmischer Abfall für die Kuriositäten-Kammer. Denn auch „Ghost Rider 2" lässt auch mit neuer Regie-Besatzung und großem Produktions-Aufwand die Ironie vermissen, mit der man solch absurde Comic-Vorlagen am besten behandelt.

Young Adult

USA 2011 Regie: Jason Reitman mit Charlize Theron, Patton Oswalt, Patrick Wilson, Elizabeth Reaser 94 Min.

Das Leben hängt ebenso wie der erste Satz ihres neuen Romans. Mavis Gary (Charlize Theron), die zweitrangige Ghostwriterin einer ehemals erfolgreichen Jugendserie, steckt mitten in einer Krise. Mit knapp 30 Jahren! Jeden Morgen liegt ein anderer neben ihr, der einzige feste Partner ist ein kleiner, alberner Straßenvollscheißer. Auch das hält Mavis nur mit immer mehr Alkohol aus. Dazu bechert sie Ben and Jerrys-Eis vor dauerlaufendem Fernseher. Andere Ablenkungen sind auch immer willkommen. Wie zum Beispiel die Email des Ex-Freundes Buddy Slade (Patrick Wilson) aus Jugendtagen, der die Geburt seines ersten Kindes verkündet.

Flugs wird der Handtaschen-Hund eingepackt, die alte Kassette von Buddy mit „Mad Love" ins Autoradio gesteckt und in voller Fahrt geht es in die verhasste Provinz, aus der es Mavis zumindest bis zum „Mini-Apple" geschafft hat, wie Minneapolis in spöttischer Anlehnung zum Big Apple New York genannt wird. Mavis angewidertes Gesicht angesichts der Fast Food-Läden auf der Hauptstraße des Kaffs erzählt in Kurzfassung, alles was hier furchtbar pubertär abgelaufen sein muss. Doch trotzig verfolgt die unreife Dreißigerin ihren Plan, lädt Buddy telefonisch zu einem Drink ein, während er frisch abgepumpte Muttermilch kühl stellt. Hier soll was laufen?

Die zufällige Begegnung mit dem Schulkameraden Matt Freehauf (Patton Oswalt), der durch einen Gewaltakt von Mitschülern immer noch körperlich schwer eingeschränkt ist, könnte heilsam sein. Er empfiehlt ihr eine Therapie. Doch die mit besonders wenig Empathie Ausgestattete bleibt überzeugt, dass sie und Buddy verwandte Seelen sind. Hat sie etwa zu viele Trivial-Geschichten geschrieben? Auf jeden Fall kommentiert sie ihre eigenen, komisch und auch tragisch verzweifelten Aktionen als wäre sie eine Figur aus diesen Teenager-Romanen.

Nach weiteren Begegnungen mit der Vergangenheit ist klar: Alle haben sich verändert, nur Mavis nicht. Was äußerlich und gemein gemeint ist, trifft genau auf ihr eigenes Innenleben zu: Irgendwie ist die nicht mehr ganz junge Frau auf dem Niveau des zickigen, ignoranten und intriganten Teenagers hängengeblieben. Selbst ihr Minicooper ist ja eigentlich ein Kinderauto. So wie der Vorspann in die mechanischen Details des Kassetten-Rekorders im Auto kroch, so schleicht sich der Film vom „Juno"-Team Jason Reitman (Regie) und Diablo Cody (Buch) in die fast psychotische Gefühls- und Denk-Mechanik der unreifen Mavis. Hier wird das Genre der Heimkehr in die verachtete Geburtsstadt auf den Kopf gestellt. In einer sehr traurigen Szene könnte Mavis erkennen, dass alle ihren Frust sehen und nur aus Mitleid und Gutherzigkeit die Zickereien ertragen haben. Während die verlorene Tochter alles madig machen muss, führt der Film selbst nicht die Menschen des kleinen Orts vor und auch Mavis nur ein wenig. (Charlize Theron behauptet sich hervorragend in dieser nicht wirklich sympathischen Rolle.) Die anonyme Großstadt bleibt schließlich nur als neuerlicher Fluchtpunkt, um der eigenen Entwicklung aus dem Weg zu gehen. Reitman („Up in the Air") und Cody erzählen dies in einer gelungenen Balance aus Humor und klugen Einsichten. „Young Adult" mag nicht eine Sensation sein wie „Juno", doch ist in der Flut von Komödien mit infantilen Erwachsenen mal eine, die selbst nicht kindisch daherkommt.

Safe House

USA, Südafrika 2012 (Safe House) Regie: Daniel Espinosa mit Denzel Washington, Ryan Reynolds, Vera Farmiga, Brendan Gleeson, Sam Shepard 115 Min. FSK ab 16

Der eine schiebt Langeweile in seinem Geheimdienstjob, Matt Weston (Ryan Reynolds) ist „Hausmeister" in einem „Safe House" im südafrikanischen Kapstadt. Der andere wird schnell und sehr spannend als raffinierter Empfänger hochbrisanter Daten eingeführt. Nachdem er von einem unzufriedenen MI6-Mann eine Diskette zugesteckt bekam, kann Tobin Frost (Denzel Washington) seinen mörderischen Verfolgern letztendlich nur entfliehen, indem er zur US-Botschaft geht. Nach neun Jahren als Freiberufler und Feind seines ehemaligen Arbeitgebers CIA landet dieser von allen Geheimdiensten gesuchte Feind der staatlichen Schnüffelei in den Händen seiner ehemaligen Kollegen. Nun wollen diese Frost „verhören", der selbst ein hervorragender Folterer war, wie aus vielen Euphemismen seines Lebenslaufes klar wird. Dies geschieht im Versteck, welches Weston betreut.

Der seit Monaten unterforderte Agent wollte eigentlich den Abend mit seiner französischen Freundin verbringen, doch plötzlich ist sehr viel los in der geheimen (Folter-) Herberge. Und in Westons Gewissen, denn ohne eine Antwort abzuwarten, beginnen die Agenten, die sich angeblich um unsere Sicherheit kümmern, mit dem „Waterboarding". Bevor Tobin den Unterwasser-Rekord bricht, dringen andere Killer ins Verlies ein und Weston kann seinen „Gast" nur retten, indem er quer durch die Stadt flieht.

Dass so ein Datenträger mit Informationen über verräterische oder korrupte Agenten die Hauptrolle im Action-Thriller spielt, hat man wohlmöglich schon mal gesehen. Reflexartig werden die Vorgesetzen vom Publikum gescannt: Wer ist der Maulwurf? Die Antwort ist im „Safe House" ebenso wenig überraschend wie der ermüdende Wechsel von Wegrennen, Erwischtwerden, Rumprügeln und Weiterrennen. Auf andere Qualitäten macht nicht nur Denzel Washington - fast immer Garant für Qualität - sondern auch Sam Shepard Hoffnung. Der renommierte Autor kann nicht nur Schreiben sondern sicher auch (Drehbuch) lesen. So deutet sich ein reizvolles Spiel zwischen dem Anfänger Weston und Frost, dem Superman unter den Agenten, an. Mehr nicht.

Letztendlich bleiben die Figuren einem gleichgültig, was praktisch ist, weil sie sowieso fast alle abgeknallt werden. Eine Schießerei mitten im Gewühl eines Fußball-Stadions beweist dabei, dass Agenten generell meinen, über dem Gesetz zu stehen. Hier will „Safe House" kritisch sein, nicht nur gegenüber den geheimen Jugendherbergen für amerikanische Folterknechte. Das sehr blutige Finale liefert einen Nachschlag im Sinne von Wikileaks, was recht naiv wirkt: Ein Agent, der solchen Verrat überleben würde, muss schon Jason Bourne heißen. Weston traut man das selbst nach vielen Action-Einlagen nicht zu. So versagt „Safe House" bei großem Aufwand an muskulösen Männern und schweren Waffen selbst auf ureigenem Territorium, der Action. Ein anderes Drama um einen Sicherheitsraum - „Panic Room" von David Fincher und mit Jodie Foster - war da auf kleinem Raum viel packender.

20.2.12

Glück

BRD 2011 R: Doris Dörrie mit Alba Rohrwacher, Vinzenz Kiefer, Matthias Brandt, Oliver Nägele 112 Min.

Es ist ein seltsames Zusammentreffen. Nicht das vom deutschen Punk und dem osteuropäischen Flüchtling Irina. Das von der Regisseurin Doris Dörrie, die in ihrem reichen Werk gerne mal Triviales und Esoterisches auf die Leinwand bringt, und dem Juristen Ferdinand von Schirach, der vor allem in seinen Kurzgeschichten „Verbrechen", einen ganz eigenen, fast sarkastisch distanzierten Blick auf Schicksale hat. Das passt in „Glück" zeitweise, aber gute Szenen erweisen sich als flüchtig wie das titelgebende Gefühl.

„Kein Mensch ist illegal" sprühte jemand an die Wand, an der Irina (Alba Rohrwacher) vorbei schleicht. Die Osteuropäerin lebt ohne Aufenthaltsgenehmigung in Berlin, nachdem ein grausamer Bürgerkrieg über ihr (nicht näher bestimmtes) Land hineinbrach. Wie Dörrie das Glück in ein rotes Mohnfeld und dicken Honig eintauchen lässt, wie sie die soldatische Brutalität von Morden und Vergewaltigen in wenigen Szenen dagegen setzt, ist ganz großes emotionales Kino. Da steht der Schock des Unglücks dem von Jolies „Land of Blood and Honey" in nichts nach. Wir nehmen den Schmerz der Rückblenden mit nach Deutschland, da bräuchte es gar nicht der Selbstverletzungen, die sich Irina immer wieder zufügt, um die unerträgliche Erinnerung mit Nadelstichen tief in die eigenen Schenkel zu übertönen. Auch hier ist Alba Rohrwacher der Trumpf des Films: Wie schon in „Die Einsamkeit der Primzahlen" verkörpert sie innere Qualen derart eindringlich, dass man sich sogar Sorgen um die italienische Schauspielerin macht.

Dass ein schwer traumatisiertes Vergewaltigungsopfer wie Irina jetzt ausgerechnet als Prostituierte arbeitet, ist nicht ganz naheliegend. Doch man kann Dörrie zugute halten, dass von Schirach ja echte Fälle in seinen Geschichten verarbeitet. Es wird sowieso wichtiger, wie Irina den obdachlosen, blonden Punk Kalle mit seinen sehr blauen Augen kennen lernt. Kalle ist ein spaßiger, lieber Kerl, ein großer Junge, der nachdem sein Hund überfahren wird, mit in Irinas Billighotel an der S-Bahnstrecke zieht. Es folgt eine Menge Glück, die längste Strecke in dem sehr wechselhaften Film. Vielleicht sogar zuviel Glück für die Geduld des Zuschauers. Da helfen auch die eingestreuten philosophischen Gedanken zum Thema Glück nicht drüber hinweg. Bei der eigentlichen Pointe wird er allerdings wieder hellwach sein. Kalle beweist seine Liebe auf eine Weise, die Dörries eigene Figur „Die Friseuse" als härtesten Splatter bezeichnen würde. (Für echte Splatter-Fans ist dies jedoch Kinderkram.) Ziemlich blutig, aber auch süß und witzig. Auf jeden Fall ein Fall für den Anwalt, der Irina in der ersten Szene angefahren hat...

Dörries neuer Film ist vor allem eins: Wechselhaft. Mit einigen guten, einer eindrucksvollen und vielen netten Szenen stellt sich doch insgesamt kein guter Film ein. Ein paar Momente sind zu dick, ein paar zu dünn aufgetragen, vor allem hätte man alles anders gewichten sollen. Doch auch wenn des Verleihers Theater wegen Nichtbeachtung im Berlinale-Wettbewerb noch mal negativ auf den auch schwachen Film zurückfällt, man kann sich ruhig etwas „Glück" in netten Momenten erlauben.

In the Land of Blood and Honey

USA 2011 (In The Land Of Blood And Honey) Regie: Angelina Jolie mit Zana Marjanovic, Goran Kostic, Rade Serbedzija, Vanesa Glodzo 126 Min.

Ein ganz normaler Abend irgendwo im Osten Europas. Ajla kann endlich mal wieder ausgehen, ihre Schwester passt auf das Baby auf. Und in der Bar treffen sich ihre Augen mit denen eines Mannes, der heiße Tanz verspricht mehr. Mitten im Feiern und Tanzen der Verliebten bricht 1992 unvermittelt mit einer Explosion die Hölle los. Das Ende eines multi-ethnischen Zusammenlebens in Bosnien-Herzegowina kommt so plötzlich wie die Horde der serbischen Schergen, die im Wohnblock nebenan die muslimischen Männer erschießen und junge Frauen aussortieren. Ajla landet so in einem serbischen Soldaten-Bordell, erlebt direkt zur Begrüßung brutale Vergewaltigung und wird nur verschont, weil ihr Tanzpartner, der ehemalige Polizist Danijel, hier Kommandant ist und diese Frau für sich „reserviert".

Jetzt könnte eine dramatische Rettung mit Flucht der Liebenden losgehen. Ajlas Schicksal ist schwer erträglich mitzuerleben, doch es ist bei weitem keines der härteren unter den zigtausend vergewaltigten Frauen, die sich oft selbst umgebracht haben. Aber Autorin und Regisseurin Angelina Jolie erzählt auch keine Romeo und Julia-Geschichte aus Jugoslawien. Die momentane Schonung mitten im fürchterlichsten Grauen der skrupellosen Serben bleibt bestimmt von der Macht des Soldaten über die Frau. Offen bleibt, ob sie die „Zuneigung" erwidert oder sich in die Zwangslage fügen muss. Danijels Vater leitet als General Massenmord und „ethnische Säuberung", doch auch der Konflikt des Sohnes macht seine wahnsinnigen Taten nicht ganz verständlich. Dass jedoch diese Ereignisse, von denen der Film nur einen harmloseren Ausschnitt zeigt, unverständlich bleiben, spricht nicht gegen den Film, der bei der Berlinale Begeisterung und Kritik hervorrief.

Wenn Soldaten das Baby mit einem Wurf aus dem Fenster zerschmettern, sadistisch oder einfach schlecht gelaunt morden, kann man das als einseitig anklagen. Oder als Anklage des Soldaten-Tuns allgemein verstehen. Wie schon in Isabel Coixets „Das geheime Leben der Worte" oder in Hans-Christian Schmids „Sturm" steht jedoch das Leiden der Bosnierinnen in serbischen Gefangenenlagern zentral. Über die Entstehung des Films erzählt Jolie, das Thema hätte sie erwählt und nach der Entwicklung eines Drehbuchs mit der Hilfe von Freunden aus der Branche wäre sie eher ungeplant zur Regie gekommen. Ganz anders, als es Hollywood üblicherweise macht, drehte sie mit bosnischen Schauspielern, die alle in ihrer eigenen Sprache blieben. Dadurch gibt es „nichts in diesem Film, was nicht durch die Erinnerungen und die Verarbeitung aller Beteiligten gedeckt ist", erzählte Jolie dem Berliner „Tip".

Der Hollywood-Star setzt als Regisseurin ihre Bekanntheit ein, um Kriegs-Verbrechen in Bosnien-Herzegowina und das Wegsehen der Welt anzuklagen, die nur wenige Kilometer vom Massenmorden entfernt an italienischen Stränden urlaubte. „In the Land of Blood and Honey" ist ein schockierendes Mahnmal, das gekonnt filmisch erzählt, seine (Haupt-)Figuren ambivalent zeichnet und sich mit Propaganda zurückhält. „In the Land of Blood and Honey" sei ihr Versuch, die „Apathie gegenüber Krisenregionen in der Welt" zu thematisieren.

19.2.12

Berlinale 2012 Kommentar

Der Goldene Bär für die am meisten verniedlichten Schwerverbrecher geht an...

Schade, bis zum peinlichen Schlusspunkt war es ein schöner Abend in Berlin. Moderatorin Anke Engelke und Festivalchef Dieter Kosslick hatten sich lieb, die Internationale Jury hatte eigentlich alles richtig gemacht. Alle guten und wichtigen Filme wurden ausgezeichnet: Christian Petzold und seine perfekte „Barbara" mit dem Silbernen Bären für die Beste Regie. Der Großen Preis der Jury für Bence Fliegaufs „Csak a szél" und für alle diskriminierten Roma, nicht nur in Ungarn. Auch die junge Kongolesin Rachel Mwanza spielte in „Rebelle (War Witch)" von Kim Nguyen eindrucksvoll, angesichts von ein paar tatsächlich besserer Schauspielerinnen, darf man diesen Silbernen Bären sicher auch allen Kindersoldaten in Afrika widmen.

Dann vor dem Hauptpreis schon banges Rätseln: Da war doch gar kein preiswürdiger Film mehr übrig? Tatsächlich realisierten Paolo und Vittorio Taviani mit „Cesare deve morire" und der Grundidee von Häftlingen, die durch Shakespeare ihren Horizont erweitern, nicht mehr als einen anständigen Film. Der von den Protagonisten - mehrfache Mörder, Drogenhändler im großen Stil und Mafiosi - nicht wirklich etwas erzählt. Also ein Preis fürs Lebenswerk der verdienten Italiener. Regie-Kollege Nanni Moretti, der sich an Berlusconi abgearbeitet hat, lächelte spöttisch im Publikum. Als dann der 82-jährige Vittorio bei der Preisverleihung auch noch die Namen der Verbrecher vorlas, ging die Naivität wirklich zu weit. Man hätte sich mit Kindersoldaten, Roma oder Regime-Opfern solidarisieren können, aber mit Killern, die sich nachts im Knast einsam fühlen?

Lassen Sie sich also keinen Goldenen Bären aufbinden und freuen sich auf „Barbara" im Kino. Am 8. März ist es bereits so weit.

17.2.12

Berlinale 2012 Abschluss Teil 2

Erschütternder Schlusspunkt: Roma-Drama im Wettbewerb

Berlin. Die ersten Resümees waren schon geschrieben und versendet, da zeigte ein ungarischer Beitrag mit erschütternder Gewalt, was hinter dem Schlagwort eines politischen Festivals eigentlich stecken kann: Bence Fliegauf folgt in „Csak a szél" (Nur der Wind) einer Roma-Familie einen Tag lang in einem kleinen Ort Ungarns. Vom Aufstehen der Mutter in einer dunklen Hütte ohne Strom, über ihren Weg zur Arbeit, die darin besteht, den Dreck anderer wegzumachen, bis zum Schlafengehen wieder im Dunkeln. Die Tochter geht mit immer eingezogenem Kopf zur Schule, muss sich als Diebin verdächtigen lassen und hat ein paar schöne Stunden am See. Der jüngere Sohn streunt herum, untersucht die abgefackelten Häuschen der Nachbarschaft, wo schon fünf Roma-Familien brutal erschossen wurden. Die Polizisten, die er belauscht, finden das nicht gut, man solle nur die faulen Roma umbringen! Am Abend, als die Familie im gemeinsamen Bett liegt, hören sie ein Geräusch. „Nur der Wind", meint die Mutter...
Nach einer tatsächlich ereigneten Mordserie gestaltete Fliegauf seinen atemberaubenden und beunruhigenden Film mit einer Handkamera, die ihren Figuren wie die Angst dicht folgt. Der Ungar realisierte bisher noch unter dem Vornamen Benedek das Meisterwerk „Womb" (2010) mit Eva Green und den fast experimentellen „Tejút" (Milky Way, 2007).

Mäßiger Wettbewerb - wenig Hollywood, kaum 3D
Mit noch einem offenen Film unter den 18 Konkurrenten um die Edel-Bären zeigt sich der Wettbewerb der 62. Berlinale als einer mit wenigen Höhepunkten. Wieder führte die Oscar-Dramaturgie dazu, dass die großen Majors nichts für Berlin übrig hatten. (Alles Gute musste bis Jahresschluss 2011 starten, um noch bei den Oscars mitzumachen.) So waren nur Soderberghs Edel-Action „Haywire" und „Extrem laut und unglaublich nah" außer Konkurrenz dabei. Billy Bob Thorntons in den Südstaaten angesiedelter Antikriegs-Film „Jayne Mansfield's Car" entstand kurioserweise mit russischem Geld. Die weitgehende Abwesenheit von Hollywood-Produktionen wurde vom Star-Rauschen im Blätterwald durch Angelina Jolie aufgefangen und war auch filmisch zu verschmerzen. Ebenso, dass mit Tsui Harks „Flying Sword at Dragon Gate" nur ein 3D-Film im Hauptprogramm lief. Das asiatische Kino, seit vielen Jahren Trendsetter und Quell hervorragender Filme, wurde durch die Volksrepublik China mit einem staatstragenden Kostümstück („The Flowers of War") und einem nur guten historischen Epos („White Deer Plain") unter Wert vertreten. Immerhin drückt sich das reiche Schaffen dieses Kontinents in der Spannweite vom eigenen Berlinale-Zögling in Form des Indonesiers Edwin („Postcards from the Zoo") bis zum internationalen Wettbewerbs-Star, dem Philippino Mendoza („Captive") aus.

Bei den drei deutschen Beiträgen waren sich bis zu Volkesmeinung im Bus M41 zum Potsdamer Platz alle einig: Petzold („Barbara") weit vor Schmid („Was bleibt") und dann Glasner („Gnade"). „Barbara" mit einer grandiosen Nina Hoss als in der DDR gefangene und schikanierte Ärztin ist weiterhin heißer Kandidat auf den Goldenen Bären. Selbst wenn es nur ein Trost-Bär für Nina Hoss würde, wäre es schade für einen mal zärtlichen Petzold-Film, der ohne Wenn und Aber perfekt ist. Die deutsch-portugiesische Produktion „Tabu" über die letzten Tage einiger Kolonisten muss im Kreis der Favoriten mit der Vorsilbe „Geheim-„ leben.

Nahaufnahme Anton Corbijn
Die Jury, unter anderem mit Präsident Mike Leigh, den Schauspielerinnen Barbara Sukowa und Charlotte Gainsbourg, den Regisseuren Francois Ozon und Asgar Farahdi sowie dem US-Star Jake Gyllenhaal besetzt, wird keine leichte Entscheidung haben, genügend Preisträger zu finden. Wie immer sind diese Sitzungen streng geheim, nichts dringt aus dem Innersten an die Öffentlichkeit, auch im Nachhinein nicht - meistens. Wie es allerdings im Inneren eines der Jury-Mitglieder aussieht, das zeigte die Niederländerin Klaartje Quirijns in ihrer wunderbaren Dokumentation „Anton Corbijn Inside Out", die als Berlinale Special lief. Wir dürfen den berühmten Fotografen von bekannten Musikern wie U2 oder Johnny Cash bei seiner Arbeit, an Orten seiner Kindheit, in der Familie und vor allem beim Sinnieren beobachten. Dass ist um so bemerkenswerter, weil der Sohn eines protestantischen Priesters sich selbst als verschlossen beschreibt und unfähig zu tieferen menschlichen Beziehungen. In einem besonders offenen Moment gesteht Corbijn, er glaubte immer, dass er als Mensch „nicht gut genug sei", deshalb wollte er als Künstler gut sein. Bis der Workaholic nach den Premieren seines zweiten Spielfilms, „The American" mit George Clooney, einen Zusammenbruch erlebt. Ein Filmwunder, das auch überlegen lässt, ob derartiges nicht öfter den Wettbewerb bereichern könnte. Man kann bei der Preisverleihung heute Abend besonders auf Corbijn achten, vielleicht dringt doch noch etwas von inneren (Jury-) Kämpfen nach draußen.

Berlinale 2012 Abschluss Teil 1

Berlin. Gemischte Gefühle gibt es bislang zum Wettbewerb und auch im dritten deutschen Film, der in dieser wichtigsten Sektion der 62. Internationalen Filmfestspiele Berlins lief: „Gnade" von Regisseur Matthias Glasner („Der freie Wille") machte in der von einige Buhrufen begleiteten Pressevorstellung zuerst neidisch auf die perfekten Winterklamotten, die im norwegischen Hammerfest aufgetragen werden. Das hätte man in den letzten Tagen gebraucht, diese norwegischen Spezialitäten. Die deutsche Spezialität „Schuld" ist Thema für ein deutsches Ehepaar (Jürgen Vogel, Birgit Minichmayr), das an den Polarkreis zieht, auch um die nicht mehr gute Ehe zu retten. Als Maria bei einem nächtlichen Unglück ein Mädchen anfährt, stellt die Frage, ob das sich das Paar als unschuldig Schuldige bei den Eltern melden so, die Beziehung auf eine Bewährungsprobe.
Matthias Glasner zeigt vieles in über zwei Stunden, ein paar Varianten des zentralen Themas, Symbole wie einen mächtigen Fels im Meer, von dem man nur die Spitze sieht und anderes, was gestern in intensiven Diskussionen entschlüsselt werden wollte. Diese Wirkung eines Films ist nicht die schlechteste, doch macht es „Gnade" zwar interessant, aber noch nicht richtig gut.

Im zweiten Wettbewerbsfilm des Tages gab es wieder eine Königin, wieder war es kurz vor der Französischen Revolution: Nach dem Eröffnungsfilm „Lebe wohl, meine Königin" sagt die Berlinale Lebewohl mit weiteren Kostümschinken. „Die Königin und der Leibarzt" von Nikolaj Arcel erzählt von Johann Friedrich Struensee, Armenarzt im damals vom dänischen König regierten Altona, der 1768 zum Freund des infantilen Könings Christian VII. und schließlich als Aufklärer zum heimlichen Herrscher wird. Eine Affäre mit der Königin kostet ihm schließlich den Kopf und drückt die Pausetaste in Sachen Fortschritt. Diese zeitlose Vorgang packt jedoch vor allem durch Bond-Bösewicht Mads Mikkelsen als Leibarzt. Wenn man bedenkt, dass auch der Abschlussfilm „Bel Ami" vor allem wegen Robert Pattinson gesehen wird und nicht wegen einem Guy de Maupassant, könnte man sich die Kostüme eigentlich sparen.

A star is born
Gina Carano schlug sich bisher recht gut durchs Leben, als Berühmtheit der nicht unbedingt berühmten Kampfsport-Sparte Mixed-Martial-Arts. Da sah sie schon attraktiv aus, doch dass sie auch schauspielern kann, beweist ihre erste Hauptrolle in Steven Soderberghs Action-Film „Haywire". Neben ganz Großen wie Michael Fassbender, Ewan McGregor, Antonio Banderas und Michael Douglas erinnert Carano daran, wie der geniale Regisseur 1998 auch Jennifer Lopez in „Out of Sight" vom Star zur respektierten Schauspielerin machte. Kurzzeitig. Wie aus seinen Talenten holt Soderbergh, in diesem Film, den er für Gina Carano zwischen seinen vielen anderen Arbeiten drehte, auch das Beste aus dem Action-Genre raus und schenkte dem Festival seinen kurzweiligsten Film.

Auch wenn der dauerneidige Blick an die Côte d'Azur nach Cannes nervt, es geht aufwärts in und mit Berlin. Wenn schon nicht im Wettbewerb, dann doch bei den charakteristischen Tritt- und Aufstiegs-Hilfen, die in Cannes Tag und Nacht bereitstehen. Auch in Berlin stehen nur Leiterchen und Klapptritte das ganze Festival über festgekettet an Laternen und Straßenmöblierung: Hiermit erhöhen Fotografen ihren Standpunkt für einen besseren Blick auf die Prominenz. Noch sind es ungefähr nur ein Zwanzigstel der Leiterchen, welche die Croisette im Mai dekorieren. In Berlin übrigens nicht am Roten Teppich, sondern am Hintereingang des Hyatt-Hotel, wo die Prominenz für Fototermine und Pressekonferenzen angekarrt werden. Der Dienstboten-Eingang ist der Ort für Autogrammjäger. Und morgen wird sich zeigen, welcher Krakel dank eines Goldenen Bären im Wert steigt.

15.2.12

Berlinale 2012 Film zu verkaufen - der EUROPEAN FILM MARKET

Von Nana A.T. Rebhan

Frierend stehe ich vor der Tür des Martin-Gropius Baus und betrachte die ebenfalls frierenden Raucher, deren Finger von der eisigen Kälte (minus zehn Grad) bereits blau angelaufen sind. Ich warte auf den Fotografen, der meine Mission begleiten wird. Ich bin eine Filmemacherin aus Berlin, habe „Berlin: Hasenheide", einen unabhängigen Independentfilm gedreht, der mehrere Monate lang im ältesten Kino Deutschlands, dem Moviemento zu sehen war. Nun versuche ich, Finanzierung für mein neues Projekt „Welcome Goodbye", aufzutreiben, einen Dokumentarfilm über Tourismus in Berlin, ein gerade heiß diskutiertes Thema der Hauptstadt. Heute werde ich versuchen, auf dem European Film Market weiterzukommen in Sachen Finanzierung.

Schnell rufe ich mir noch mal die Fakten ins Gedächtnis, die ich über den European Film Market weiß: Er wurde 1978 gegründet, zehn Jahre später wurde Beki Probst seine Leiterin. Die resolut charmante Dame benannte die Filmmesse in „European Film Market" um und ließ ihn unter ihrer Führung zu einem der drei wichtigsten Filmmessen weltweit werden, neben Cannes und dem amerikanischen Independentmarkt AFM, der in Hollywood stattfindet. Der European Film Market ist so etwas wie das Barometer der Branche, weil er als erstes im Jahr stattfindet.

Doch mich beschäftigt gerade eher das Thermometer im eisig kalten Berlin. So, endlich drin. Von Berlinalemitarbeitern in seltsam antik anmutenden Capes wird erst mal meine Akkreditierung eingescannt. Ohne irgendeine Akkreditierung kommt man hier gar nicht rein, denn die große Filmfamilie will ja unter sich bleiben. Der Markt ist keine Publikumsveranstaltung.

Das kann man schade finden, denn innerhalb werden hier in neun Tagen über 700 Filme in über 1000 Screenings gezeigt. Diese Filme laufen aber nicht zur Unterhaltung der über 7000 Akkreditierten auf fast 100 Ländern, sondern sie sind Teil des Geschäfts. Hier wird ge- und verkauft, wie auf einem richtigen Markt eben. Die richtig großen Deals werden aber meist nicht auf dem wuselig anmutenden Markt geschlossen, sondern vor oder hinterher. Der Markt selbst ist eher so etwas wie ein Treffpunkt, ein Marktplatz an dem Produzenten, Verkäufer, Verleiher, Einkäufer und Finanziers zusammen kommen. Kommunikation wird da ganz groß geschrieben.

OK, ich bin bereit. Ich werde mich hineinwerfen in den bunten Trubel des Geschehens, und mein Anliegen vorantreiben. Meine erste Anlaufstation ist die runde Infobox im Foyer: Hier sitzen den ganzen Tag lang freundliche Mitarbeiterinnen die alle, wirklich alle Fragen beantworten und sich richtig Mühe geben. Ich frage sie, wie ich als deutsche Filmemacherin Leute finde, die mir bei der Finanzierung meiner Projekte behilflich sein können. Sie drücken mir einen „Exhibitors Guide" in die Hand und schicken mich in die im Prospekt grün markierte Fläche 17, im Erdgeschoss. Dort gibt es einen ganzen Raum, der nur dem deutschen Film gewidmet ist. Er ist riesig. Ich will lieber nicht darüber nachdenken, wie viel Independent Dokumentarfilme man für die Mietkosten drehen könnte, da wird mir schwindlig.

Der Raum ist unterteilt in verschiedene Bereiche, die jeweils ihren eigenen Counter besitzen, einen für Filmförderungen der verschiedenen Bundesländer, einen für German Films, einen für die AG Dok und einen für Kurzfilme. Ich steuere erst mal die Filmförderung an. Da ich in Berlin wohne, werde ich von der freundlichen Frau am Counter an die Mitarbeiterin vom Medienboard Berlin Brandenburg verwiesen. Claudia Sauer erklärt mir, dass es sehr sinnvoll ist, bereits einen Produzenten, ein Treatment oder Exposé zu haben, bevor man mit ihr einen Termin vereinbart. Habe ich eigentlich, aber jetzt nicht dabei, also vereinbaren wir, uns nach der Berlinale zu treffen.

Am Stand von „German Films" spreche ich mit Martin Schering, dem „Projektcoordinator der German Shorts".
German Films vertritt die deutschen Filme im Ausland, insbesondere auf Filmfestivals. Sie geben vierteljährlich "German Films Quarterly" heraus, ein englischsprachiges Magazin, das Überblick gibt über deutschen Filmneuerscheinungen und über Filme, die gerade gedreht werden. 6.000 Exemplare werden vierteljährlich in alle Welt verschickt. Aber da soll nun gespart werden. In Zukunft werden gut 2.000 Exemplare auf Festivals mitgenommen, das wars dann. Interessant, auf jeden Fall, sie zahlen auch Zuschuss für Untertitelung, wenn der Film auf einem Festival eingeladen wird. Sehr schön das, aber erst mal muss meiner gedreht werden...

Ich ziehe weiter zur AG Dok, der Arbeitsgemeinschaft für Dokumentarfilm. Michael Würfel, selbst Dokumentarfilmer betreut den Stand seit einigen Jahren. Er strahlt eine freundliche Solidarität aus, die Mut macht. Jeden Tag schreibt er von seinem Laptop am Stand aus einen Emailnewsletter, den er an alle Mitglieder schickt, erzählt von Projekten die deutsche Koproduktionspartner suchen. Stolz zeigt er mir ein Poster das hinter ihm an der Wand befestigt ist. Der film heißt "The Cuban Waves"- dem Regisseur konnte er 2011 einen deutschen Koproduktionspartner vermitteln.

Er zeigt mir auch einen Flyer von "Oma & Bella", von einem Dokumentarfilm der in der Reihe „Kulinarisches Kino" läuft und der mit Hilfe von Crowdfunding über Kickstarter finanziert wurde. Der Film suchte 18.000 Dollar und bekam über 44.905 $. - eine Erfolgsstory. Er habe der schüchternen Regisseurin ihre Handynummer abgeluchst, erzählt er mir, damit er ihr Kontakte weiterleiten kann. In den letzten beiden Tagen waren schon zwei Filmfestivals an ihrem Film interessiert. Ja, ja hier geht alles um Kommunikation.

Als ich schon weiterziehen will, kommt ein Amerikaner an den Stand und fragt, wie er Geld von Deutschland bekommen kann. Er hat auf dem Aufsteller vor dem Stand gelesen, dass Deutschland jährlich 520.000.000 Euro in Filme investiert, und dass es 250 Fernsehslots für Filme gibt. Deutschland das Filmparadies? Würfel muss lachen, und klärt auf: auch in Deutschland müssen viele Filmemacher hart darum kämpfen, dass ihre Filme gefördert werden. Würfel selbst kann ein Lied davon singen. Enttäuscht zieht der junge amerikanische Produzent mit schwarzem Hut wieder ab. Das hat er sich anders vorgestellt.

Und was rät Michael Würfel mir? An der Wand gleich neben seinem Laptop hat Würfel einen Zettel mit Test festgeklebt, tägliche Veranstaltungen des EFM (European Film Market) in Zusammenarbeit mit dem EDN (European Documentary Network), die täglich stattfinden. Jeden Tag von 14 bis 15 Uhr gibt es die Gelegenheit, verschiedene Verleiher aus ganz Europa zu treffen, und ihrem Verleihkonzept zu lauschen. Schon gut, aber dazu braucht man erstmal nen fertigen Film.

Was kann ich jetzt noch Sinnvolles auf dem Markt erledigen? Auf der Rückseite des täglichen EFM Screening Schedule finde ich eine Anzeige: EFM Industry Debates. Heute gibt es eine Veranstaltung zum Crowdfunding - wie man die Onlinecommunity dazu bringt, mitzuhelfen, bei der Finanzierung, der Promotion und dem Verleih des Films.

Das klingt gut, da muss ich hin. Moderiert wird die Veranstaltung von Scott Roxborough vom Hollywood Reporter. Seltsam eigentlich, dass Crowdfunding ein Thema für den Hollywoodreporter und überhaupt für den Filmmarkt ist, bei dem Milliardengeschäfte getätigt werden. Bei der Veranstaltung erfahre ich, dass DAS Vorzeigeprojekt für Crowdfunding, „Iron Sky", ein Sciencefiction, der seine Weltpremiere auf der Berlinale feiert nur 200.000 Euro von seinem 10 Mio. Euro Budget über Crowdfunding gesammelt hat.

Rebecca Thomas und Jessica Cadwell, deren Film „Electrick Children" die Sektion Generation eröffnet hat, erzählen, dass sie eigentlich ihren Debütfilm über Crowdfunding für 20.000 $ machen wollten, aber dann ein Produzent auftauchte, ein rettender Prinz auf einem weißen Schimmel, der ihren Film produziert hat. Völlig berauscht und glücklich verschwanden die beiden jungen Amerikanerinnen von ihrem Podiumsplatz zur Premiere.

Ich werde es wohl auch mal mit Crowdfunding versuchen – mal sehen, was da so passiert.


Trailer zu „Welcome Goodbye":
http://www.youtube.com/watch?v=EapH1IV4AgY
Facebookseite Welcome Goodbye:
http://www.facebook.com/welcomegoodbyeberlin
startnext ab März 2012:
www.startnext.de/welcomegoodbye

Berlinale 2012 Halbzeit

Kleiner Horizont im Wettbewerb

Berlin. 500 Filme, tausende Medienvertreter, zigtausend Filmbesucher ... die Berlinale ist eine Welt für sich mit Sektionen, Nebenreihen, Sonderveranstaltungen und auch Trittbrettfahrern. Da braucht es schon jemanden mit der Bekanntheit von Angelina Jolie, um ein Thema zu schaffen, das alle beschäftigt. Fast eine Woche war sie mit und ohne ihren Film „Land of Blood and Honey" ein Aufmerksamkeits-Magnet. Der andere ist eine rote Jutetasche. Sogar die „Süddeutsche Zeitung" berichtet von der Berlinale 2012 als „Abstieg in die Jutetaschen-Liga" und jemand scherzte, bei so einem Turnbeutel, könne auch das Festival nichts sein. Hier muss erklärt werden, dass jedes Filmfestival seit Jahrzehnten jeden Teilnehmer, der mittlerweile eine nicht geringe Startgebühr zahlen muss, mit einer mehr oder weniger praktischen Tasche begrüßt. „Für die Festivalunterlagen", die schon mal direkt in den Papierkorb gekippt wurden und mittlerweile sowieso digital sind. Nun schien die Berlinale-Tasche trotz wechselnder Entwürfe immer noch ein Hort deutscher Wertarbeit gewesen zu sein, man sah sie auf allen anderen Festivals, mal in der Boss-Edition, mal als Plastik-Stinker (2006), der über ein Jahr ausgelüftet werden musste, aber dann die perfekt dichte Schwimm-Tasche wurde. Sogar bei Ebay waren die Dinger schnell ausverkauft! Und jetzt: Der rote Jutebeutel! Fast so simpel wie die Papiertaschen Venedigs, die nur Design zusammenhält. Also auch in der Taschen-Kategorisierung weit hinter Cannes? Das passt zu den Filmen, die kleine Dramen präsentieren, aber noch nicht den großen cinematografischen Horizont eröffneten. Die 62. Ausgabe der Berlinale muss noch einen sehr eindrucksvollen Film präsentieren, um nicht das Jahr der Tasche zu werden.

Für die Aufmerksamkeit kann man auch Nazis auf den Mond schicken, so im „Iron Sky" des Finnen Timo Vuorensola, und dazu Udo Kier mitspielen lassen. Der schrägste Kölner Star-Export der Filmgeschichte spielt auch mit herrlich dickem deutschen Akzent neben Isabella Rossellini in dem genial anachronistischen Schwarzweiß-Film „Keyhole". Der Kanadier Guy Maddin präsentiert ein Gangster-Geisterhaus voller toter (und vielleicht) auch einiger lebendiger Familienmitglieder und -Geschichten. Der andere letzte seiner Art, nämlich ein Schwarzweiß-Film der insolventen Firma Kodak, ist übrigens
„Tabu"des Portugiesen Miguel Gomes im Wettbewerb, produziert von der Silberbär-Siegerin Maren Ade („Alle anderen" 2009). Die portugiesische Kolonialfantasie erinnert im ruhigen Ton an den portugiesischen Meister Oliveira und reiht sich bei den Favoriten ein.

Dort bleibt das mit Nina Hoss in der Hauptrolle fein ziselierte DDR-Drama „Barbara" von Petzold ganz oben, wobei man noch hinzurechnen muss, dass wir mit TV- und Kino-Beiträgen dieses genialen Regisseurs verwöhnt sind. Das Ausland reagiert vielleicht noch begeisterter. Neben Billy Bob Thorntons klugem, aber nicht immer ausgewogenen Antikriegsfilm „Jayne Mansfield's Car", in dem Regisseur und Darsteller Thornton mit der Geschichte von drei Generationen Kriegs-Geschädigter an seinen Debüt-Erfolg „Sling Blade" (1996) anknüpft, begeisterte auf stille Weise „L'enfant d'en haut": In Ursula Meiers starkem Wettbewerbs-Beitrag fährt der zwölfjährige Simon (Kacey Mottet Klein) jeden Tag mit dem Lift zur Bergstation, um eifrig und unverfroren Ski und Zubehör zu klauen. Seine Beute verkauft er im Tal eines Ostschweizer Verbier-Wintersportgebiets den Kindern der Gegend. Trotz Hunderter die durch seine Hand gehen, haust Simon mit der etwas älteren Louise (Léa Seydoux), die er auf Englisch „Sister" nennt, in einer kleinen, billigen Wohnung. Als sich ein etwas netterer Typ ernsthaft für Louise interessiert, lässt Simon die Bombe platzen: Sie ist meine Mutter!

Die verdrehte Familiensituation, in der ein frühreifes Kind den Versorger der immer ratlosen Mutter spielt, ist einer der Filme, die in Cannes preisverdächtig sind. Auf jeden Fall wäre damit die Anwartschaft auf den Darstellerinnen-Preis geklärt: Léa Seydoux spielte zurückhaltend und introvertiert in der Eröffnung „Leb wohl, meine Königin". Hier zeigt sie sich als Louise schlampig und ordinär. Kaum wiederzuerkennen und das macht gutes Schauspiel aus!

Berlinale 2012 Glück (Doris Dörrie)

BRD 2011 R: Doris Dörrie mit Alba Rohrwacher, Vinzenz Kiefer, Matthias Brandt, Oliver Nägele 112 Min.

Pünktlich zum Valentinstag beantwortete Doris Dörrie mit ihrem Neuen „Glück" die Frage „Was ist Liebe?" auf einmalige Weise: Als Vegetarier einen Menschen fachmännisch und blutig ausweiden, weil man glaubt, die Liebste hätte ihn umgebracht - das ist Liebe, die jeden Blumenstrauß verwelken lässt. Und einige Zuschauerinnen wurden auch blass bei der ansonsten süß romantischen Liebe zwischen dem Kriegsflüchtling Irina und dem Punk Kalle in Berlin. „Glück" nach einer Kurzgeschichte des Bestseller schreibenden Juristen Ferdinand von Schirach („Verbrechen") hat ganz starke Momente, einige Längen und kommt in zwei Wochen ins Kino.

Berlinale 2012 La chispa de la vida (Álex de la Iglesia)

Spanien, Frankreich 2011 R: Álex de la Iglesia mit Salma Hayek, José Mota, Fernando Tejero, Blanca Portillo, Juan Luis Galiardo 98 Min.

Salma Hayek macht mal auf komisch in der spanischen Medien-Satire „La chispa de la vida" von Álex de la Iglesia („Perdita Durango"). Gleichzeitig zeigt der arbeitslose Werbefuzzi Roberto, was wirklicher Durchhaltewille in der Krise bedeutet: Nach einer absurden Verkettung von Ereignissen stürzt er in einem frisch restaurierten Amphitheater ab und eine Eisenstange bohrt sich in seinen Kopf. Bei vollem Bewusstsein und im Fokus der nationalen Medien macht Roberto erst mal einen Vertrag mit einem Agenten, um die vielleicht tödliche Situation wenigstens zu vermarkten. Die zum Ende hin immer krudere Medienkritik ist zwischen rasanter Inszenierung und sarkastischem Humor zu unausgewogen. Aber zumindest Hayek kommt als aufrechte Ehefrau gut weg.

Berlinale 2012 Death for Sale (Faouzi Bensaïdi)

Frankreich, Belgien, Marokko 2011 Regie: Faouzi Bensaïdi mit Faouzi Bensaïdi, Fehd Benchemsi, Imane Elmechrafi, Fouad Labied, Mouhcine Malzi 117 Min.

Der arabische Frühling ist in Dokumentationen, Diskussionen, in der Jury - der algerische Preisträger Friedensbuch-Preisträger Boualem Sansal - und ersten fiktionalen Ansätzen in allen Sektionen stark auf dieser Berlinale vertreten. Der Marokkaner Faouzi Bensaïdi fügt nach seinem Meisterwerk „WWW - What a wonderful world" mit dem Panorama-Beitrag „Death for Sale" eine wiederum faszinierende Stellungnahme hinzu: In einem mit großen Panoramen fotografieren Küstenort planen drei junge Freunde einen Raub, aus unterschiedlichen Gründen. Malik braucht das Geld für seine große Liebe, eine Prostituierte. Allal will groß beim Drogenhandel mitmachen und Soufiane will nur den christlichen Juwelier umbringen und nichts von der Beute abhaben. Zuvor haben Islamisten den Taschendieb vor einem Lynchmob gerettet. Faouzi Bensaidi erlaubt in dem, von der Kölner Heimatfilm koproduzierten Film, wieder mit großer Filmkunst einen nuancierten Einblick in marokkanisches Leben.

Berlinale 2012 Was bleibt

BRD 2012 R: Hans-Christian Schmid mit Lars Eidinger, Corinna Harfouch, Sebastian Zimmler, Ernst Stötzner, Picco von Groote 84 Min.

Szenenapplaus ernteten Lars Eidinger und Corinna Harfouch als Sohn und Mutter beim Familienwochenende für ihre Version von Aznavours "Du lässt dich geh'n". Dabei ist das Problem in Hans-Christian Schmids („Crazy", „Requiem", „Sturm") Wettbewerbsbeitrag „Was bleibt" eher dass die Mutter (Harfouch) nach dreißig Jahren das Medikament gegen ihre manisch-depressiven Schübe abgesetzt hat und die anderen Familienmitglieder unpassenderweise auspacken, was in ihrem Leben alles schief läuft. Toll gespielt und gut inszeniert, doch Familien-Allerlei aus dem Bergischen ist noch kein großes Weltkino.

14.2.12

Berlinale 2012 L'enfant d'en haut | Sister (Ursula Meier)

Schweiz, Frankreich 2011 Regie: Ursula Meier mit Léa Seydoux, Kacey Mottet Klein, Martin Compston, Gillian Anderson 97 Min.

Falls sie letztlich das Gefühl hatten, im Schweiz-Urlaub ausgenommen zu werden, könnte das andere Gründe als den extrem starken Schweizer Franken haben: In Ursula Meiers starkem Wettbewerbs-Beitrag „L'enfant d'en haut" (Sister) fährt der zwölfjährige Simon (Kacey Mottet Klein) jeden Tag mit dem Lift zur Bergstation, um eifrig und unverfroren Ski und Zubehör zu klauen. Seine Beute verkauft er im Tal eines Ostschweizer Verbier-Wintersportgebiets den Kindern der Gegend. Trotz Hunderter die durch seine Hand gehen, haust Simon mit der etwas älteren Louise (Léa Seydoux), die er auf Englisch „Sister" nennt, in einer kleinen, billigen Wohnung. Auch die „Schwester" sieht mit kurzem Rock billig aus. Mit Männern stellt sie sich dämlich an, was ein und blaues Auge belegt, ansonsten auch. Simon, körperlich noch ein Hänfling, lässt derweil den Macker raushängen. Bei der Schwester und einer englischen Touristin (Gillian Anderson). Als sich ein etwas netterer Typ ernsthaft für Louise interessiert, lässt Simon die Bombe platzen: Sie ist meine Mutter!

Die verdrehte Familiensituation, in der ein frühreifes Kind den Versorger der immer ratlosen Mutter spielt, ist einer der Filme, die in Cannes preisverdächtig sind. Gönnen würde man es ihm auch hier, doch in Sachen Favorit bleiben wir Petzolds „Barbara" treu. „L'enfant d'en haut" (Der Junge von oben) beginnt nicht nur seinen Titel mit dem „L'enfant" (Das Kind) der Dardennes, Simon ist tatsächlich eine Schweizer Variante der Lütticher „Rosetta": Irgendwie durchs soziale Netz gefallen, was in der reichen Schweiz schwer vorstellbar ist, und auch im Sozialverhalten deutlich neben der Spur. Die Wohnung dieser „Familie" liegt wieder neben einer Schnellstraße. Genau wie in „Home" dem französisch-schweizer Vorgänger von Ursula Meier, in dem eine Familie im surrealen Kampf mit einer Autobahn zerbricht. Isabelle Huppert spielte dort die Hauptrolle, sie disqualifizierte sich übrigens mit viel Geschrei als Dschungel-Geisel in „Captive" für den Darstellerinnen-Preis. (Auch Gillian „Scully" Anderson hat nach „Shadow Dancer" hier ihren zweiten Auftritt in einer Nebenrolle.) Damit wäre auch die Anwartschaft auf den Darstellerinnen-Preis geklärt: Léa Seydoux spielte zurückhaltend und introvertiert in der Eröffnung „Leb wohl, meine Königin". Hier zeigt sie sich als Louise schlampig und ordinär. Kaum wiederzuerkennen und das macht gutes Schauspiel aus!

Extrem laut und unglaublich nah

USA, 2011 (Extremely loud and incredibly close) Regie: Stephan Daltry mit Tom Hanks, Sandra Bullock, Thomas Horn, Max von Sydow 129 Min.

Schlüsselkinder

Ein Knaller am Anfang ist „Extrem laut und unglaublich nah", die Verfilmung des gleichnamigen Romans von Jonathan Safran Foer („Alles ist erleuchtet"). Ein scheinbar endlos vom Himmel fallender Mann, ein Begräbnis mit leerem Sarg und zurück bleiben ein verstörter Junge sowie seine schweigsame Mutter (Sandra Bullock). Der neunjährige Oskar Schell (Thomas Horn) setzt nach dem Tod seines Vaters (Tom Hanks) die gemeinsamen Rätsel-Expeditionen fort. Nun sucht der ängstliche Junge allerdings nicht mehr das, wie Atlantis verschollene, sechste der traditionellen Viertel New Yorks. Auf der Spur eines geheimnisvollen Schlüssels macht sich das Kind daran, alle 425 Personen mit dem Namen Black in der Stadt aufzusuchen, weil Black auf dem Umschlag stand, in dem sich der Schlüssel fand. Oskars ebenso akribische wie fantasiereiche Vorgehensweise mit Karten, Notizen, bunten Ordnungssystemen und Fotos von jedem Kandidaten kennen wir aus den Erinnerungen an den witzigen Vater, der immer gerne Hinweise im Central Park versteckte. Ganz schön schräg und sehr schön, genau wie die Situation, einen Schlüssel zu haben und das passende Schloss dazu zu suchen. Langsam wird aus Oskars Erzählung klar, dass es der 11. September 2001 ist. Der „schlimmste Tag" nennt er ihn.

Regisseur Stephan Daltry („Billy Elliot") und der erstaunlich gute, junge Hauptdarsteller Thomas Horn sorgen für eine rührend und erheiternde Odyssee, die New York nach den traumatisierenden Anschlägen auf das World Trade Center als freundliche Gemeinschaft unterschiedlichster Menschen zeigt. Horn, der in einer Gameshow entdeckt wurde und erstmals in einem Kinofilm auftritt, hält in seiner ersten Kinofilm-Rolle locker mit schauspielerischem Urgestein wie Max von Sydow mit. Der alte Schwede spielt ohne Worte einen geheimnisvollen und stummen Mitbewohner von Oskars Oma, der ihn auf der Suche nach dem richtigen Schloss begleitet.

Die Umsetzung des gleichnamigen Romans „Extrem laut und unglaublich nah"
von Jonathan Safran Foer ist nach „Alles ist erleuchtet" die zweite Verfilmung eines Foer-Stoffes. Der jüdische Autor hat selbst die Holocaust-Erfahrungen in seiner Familie, die in den Romanen auftauchen. Im November 2009 erschien Foers erstes Sachbuch, das sich unter dem Titel Eating Animals (dt: Tiere essen) mit den Problemen der industrialisierten Tierproduktion auseinandersetzt.

„Extrem laut und unglaublich nah" begeistert mit vielen fantastischen Ideen und schafft es, trotz des schwierigen Themas traumatischer Verluste, mit Leichtigkeit zu erzählen und Hoffnung zu wecken. New York ist hier kein gefährliches Pflaster, Foer zeigt das Bild einer großen, im Schmerz verbundenen Gemeinschaft, die sich gegenseitig über die Verletzung hinweg hilft. Der unamerikanisch mit „k" geschriebene Name Oskar (dort schreibt man auch die Filmpreise mit „c", liebe Kollegen) könnte ein Verweis auf Oskar Matzerath sein: Statt der Grass'schen Blechtrommel trägt er sein Tamburin mit herum, um über seine Ängste hinwegzukommen. Das gelingt schließlich ebenso so schön und rührend wie der ganze Film gelungen ist.

Berlinale 2012 Der Rote Jutebeutel

500 Filme, tausende Medienvertreter, zigtausend Filmbesucher ... die Berlinale ist eine Welt für sich mit Sektionen, Nebenreihen, Sonderveranstaltungen und auch Trittbrettfahrern. Da braucht es schon jemanden mit der Bekanntheit von Angelina Jolie, um ein Thema zu schaffen, das alle beschäftigt. Oder eine rote Jutetasche. Da berichtet sogar die „Süddeutsche Zeitung" vom „Abstieg in die Jutetaschen-Liga" und jemand scherzte, bei so einem Turnbeutel, könne auch das Festival nichts sein. Dazu muss erklärt werden, dass jedes Filmfestival seit Jahrzehnten jeden Teilnehmer, der mittlerweile eine nicht geringe Startgebühr zahlen muss, mit einer mehr oder weniger praktischen Tasche begrüßt. „Für die Festivalunterlagen", die schon mal direkt in den Papierkorb gekippt wurden und mittlerweile sowieso digital sind. Nun schien die Berlinale-Tasche trotz wechselnder Entwürfe immer noch ein Hort deutscher Wertarbeit gewesen zu sein, man sah sie auf allen anderen Festivals, mal in der Boss-Edition, mal als Plastik-Stinker (2006), der über ein Jahr ausgelüftet werden musste, aber dann die perfekt dichte Schwimm-Tasche wurde. Sogar bei Ebay waren die Dinger schnell ausverkauft! Und jetzt: Der rote Jutebeutel! Fast so simpel wie die Papiertaschen Venedigs, die nur Design zusammenhält. Nun auch in der Taschen-Kategorisierung weit hinter Cannes. Die 62. Ausgabe der Berlinale muss noch einen sehr eindrucksvollen Film präsentieren, um nicht das Jahr der Tasche zu werden.

13.2.12

Don - The King Is Back

Indien, BRD 2011 (Don - The King Is Back) Regie: Farhan Akhtar mit Shah Rukh Khan, Priyanka Chopra, Boman Irani, Om Puri, Lara Dutta 140 Min.

Er ist wieder da: Nicht King sondern Khan, was in Indien wesentlich höher rangiert! Der Mega-Star Shah Rukh Khan kehrte nach seiner Berlinale-Festivalwelle im letzten Jahr mit dem politischen und anspruchsvollen Melodram „My Name is Khan" zu Dreharbeiten nach Berlin zurück. Wie man in „Don" nicht übersehen kann, suchen sich indische Produktionen nicht nur immer wieder neue „exotische" Landschaften (Schweiz!) sondern auch „fremde" Städte. Doch die Hauptsache ist Khan, der mit „Don - The King is back" wieder im Action-Genre zurück ist. „Don" ist ein Gangster-Film, der das erfolgreiche Remake eines 70er-Films fortsetzt.

Khan spielt einen Gangsterboss, der Druckplatten der „Deutschen Zentral Bank" rauben will. Witzige sind dabei sowohl die indischen Blicke auf Berlin-Mitte, wo die meisten Szenen gedreht wurden, als auch die unverhohlenen Anleihen bei „Mission Impossible" oder den Bond-Filmen. Dabei ist die immer mit einem ironischen Kniff präsentierte Action-Spielerei oft in Witz oder Raffiniertheit den wesentlich teureren Prestige-Objekten des Westens voraus. Schade nur, dass Khan den wirklich schmierigen Drogenhändler nicht noch etwas länger durchhält. Ihn in einem reizvollen Kampf mit der typisch attraktiven Kommissarin zu sehen, überrascht nicht. Ein paar Wendungen des Drehbuches schon. Auf visitberlin.de gibt es übrigens einen Stadtplan mit den Drehorten dieser gelungenen Berlin-Werbung.

Berlinale 2012 Young Adult (Jason Reitman)

USA 2011 Regie: Jason Reitman mit Charlize Theron, Patton Oswalt, Patrick Wilson, Elizabeth Reaser 94 Min.

Charlize Theron („Monster") stellt in Berlin wieder eine der „unschönen" Rollen vor, die sich das Ex-Model gerne aussucht: In „Young Adult" spielt sie Marvis, die zweitrangige Ghostwriterin einer ehemals erfolgreiche Jugendserie, mitten in einer Lebenskrise. Deshalb zum alten, verhassten Heimatort auf, um sich wie ein dummer Teenager an den verheirateten Ex-Freund ranzumachen, der gerade ein Kind bekommen hat. „Young Adult" ist thematisch deutlich ein Film von Jason Reitman, im Stile seiner emotional klugen Erfolge „Thank you for smoking" (2005), „Juno" (2007) und „Up in the Air" (2007). Als Berlinale-Special eine nette Bereicherung des Festivals.

Berlinale 2012 Jayne Mansfield's Car (Billy Bob Thornton)

Russische Föderation, USA 2011 R: Billy Bob Thornton mit Billy Bob Thornton, Robert Duvall, John Hurt, Kevin Bacon, Robert Patrick 122 Min.

Rivalen
Die Vorstellung, dass sich auf dieser Berlinale der aktuelle (Brad Pitt) und der Ex (Billy Bob Thornton) von Angelina Jolie nachts auf einem dunklen Hotelgang begegnen, ist reizvoll. Denn nach der großen Jolie-Welle darf nun auch ihr Ex-Mann Thornton ran. Im Wettbewerb erzählt er mit „Jayne Mansfield's Car" von zwei alten Rivalen, die nach zwanzig Jahren zusammenkommen, um die Frau zu begraben, die mit beiden verheiratet war. Diese delikate Zufälligkeit dieser Berlinale ist jedoch nur Fußnote eines ebenso witzigen, bewegenden wie klugen Antikriegsfilms. (Und damit in einigen Punkten besser als Jolies „Land of Blood and Honey") Wenn 1969 im verknöcherten Südstaat Alabama die englische Familie des zweiten Gatten (John Hurt) auf die sehr seltsame, reiche Familie des ersten (Robert Duvall) trifft, sind auch drei Generationen US-Krieg dabei und Kevin Bacon spielt den Hippie-Außenseiter, der mit anderen bekifften Freunden gegen den Vietnamkrieg protestiert. Regisseur und Darsteller Thornton knüpft mit dieser satten Ladung Film an seinen Debüt-Erfolg „Sling Blade" (1996) an und reiht sich in die ersten Favoriten ein.

Berlinale 2012 Die Blumen des Krieges (R: Zhang Yimou)

Volksrepublik China 2011 (Jin líng Shi San Chai | The Flowers Of War) R: Zhang Yimou mit Christian Bale, Ni Ni, Atsuro Watabe 141 Min.

Christian Bale („Batman") ist das westliche Aushängeschild in einem chinesisch staatstragenden Epos von Zhang Yimou, früher angesehener Regisseur für künstlerische Filme wie „Rotes Kornfeld" oder „Die Rote Laterne". Sein neuer, aufwendig produzierter Beitrag (außer Konkurrenz) ist so verquer wie der Titel „Die Blumen des Krieges": Bei der japanischen Besetzung Nankings im Jahre 1937, die 200.000 Leben forderte werden in einer Kirche sowohl chinesische Missions-Schülerinnen als auch eine Gruppe Prostituierter eingeschlossen. Ein amerikanischer Abenteurer (Bale), der eigentlich nur auf Geld, Suff und Sex aus ist, entwickelt sich zum heldenhaften Retter der gemischten Truppe. Das kennt der deutsche Kinogänger vielleicht von „John Rabe", einem ebensolchen Heldenepos in der gleichen historischen Situation mit seltsamen Schwerpunkten (ein Nazi als Retter der Stadt). Zhang Yimou setzt das mit berauschender Ästhetik um, Blutstropfen fliegen in Superzeitlupe herum. Wie jedoch der Schrecken des Krieges problemlos für lustige oder emotionale Momente abgestellt werden kann, wirkt eher geschmacklos. Das hervorragende Kunsthandwerk bei diesem für den Export nett eingepackten Stück Nationalmythos kann dies nicht übertünchen.

Gefährten

USA, 2011 (War Horse) Regie: Steven Spielberg mit Emily Watson (Rosie Narracott), David Thewlis (Lyons), Peter Mullan (Ted Narracott), Niels Arestrup 147 Min. FSK ab 12

Unter Pferden geht der Spruch, man habe schon Kritiker kotzen gesehen. Nun wollen wir nicht polemisch werden - oder vielleicht doch... Steven Spielbergs neuer Film kommt anfangs als irische Pferde-Oper ohne viele Worte angetrabt. Emily Watson ist die resolute Mutter auf der kleinen Farm, deren Miete bald nicht mehr bezahlt werden kann. (Und die öfters sehr künstlich nach Studio aussieht.) Noch beim Zähmen des im alten Streit zwischen Reich und Arm für viel zu viel ersteigerten Gauls springt ein Gedanke aus dem Bild: Das ist langweilig! Trotz scheckisch lustiger Einsprengsel wie dem besoffenen Hinkebein und Farmbesitzer Ted (Peter Mullan), der sich mit einer Gans sowie der Peter & der Wolf-Musik auseinander setzen muss. Bei so viel Muße und Spaß wundert es nicht, dass Geld für die Pacht fehlt. Doch bald kulminiert der Sozialkampf zwischen dem fiesen reichen Landbesitzer (David Thewlis), der Auto fährt und die Armen verspottet, in einer Wette: Des Farmers Sohn und bester Freund des Joey genannten Pferdes sichert den Erhalt des Hauses beim fristgerechten Pflügen eines extrem steinigen Ackers.

Wie es auf der kleinen Farm weitergeht, wissen wir nicht, denn „Gefährten" ist die Geschichte des Pferdes, die im gleichnamigen Roman von Michael Morpurgo tatsächlich vom Pferd erzählt wird. Ja, und auch im Theaterstück, das es später gab. So kassiert mit Ausbruch des 1. Weltkrieges die Armee den Gaul ein, freudige Reitersleute bereiten sich in fescher Uniform auf sportlichen Spaß vor und werden brutal niedergemetzelt. Nicht so wie in Spielbergs „Private Ryan", denn dies ist ein Film für Fohlen ab 12 gemäß FSK (Fohlen-Schutz-Kommission). Hier fallen Gegner wie Indianer im Western - ohne einen Tropfen Blut. Die Falle schnappt trotzdem zu, das Pferd gerät in Kriegsgefangenschaft, zusammen mit neuer Liebe, dem schwarzen Reittier des Truppenführers. Jetzt wäre ein guter Zeitpunkt zu desertieren - aus diesem Film. Doch bei Resistance und Kollaboration erleben sie auf acht Hufen so Einiges im immer mehr kriegszerfurchten Europa. Die Menschen auf oder an ihnen bleiben meist auf der Strecke, unter anderem auch David Kross als deutscher Soldat Gunter. Dabei kommt Spaß wieder nicht zu kurz, wenn dieser bei der Rettung seines kleinen Bruders eine ganze Marschkolonne umkegelt. War doch nicht alles schlecht damals...

Dass Spielberg dieses lauwarme Hufeisen angefasst hat, kann man sich nur erklären, weil dieser Gaul irgendwie wie E.T. ist: Nach Hause galoppieren... Denn eindeutig liegt der Fokus falsch. Man bangt nicht wirklich um die Pferde, und währenddessen gehen bei der Schindmähren-Odyssee die menschlichen Protagonisten verloren. Verkörpert von großartigen Schauspielern, die wegen eines Pferdes zu kurz kommen. Aber man lernt, Pferde sind eindeutig die besseren Menschen. Nur eine Szene vermittelt eine Ahnung vom Wahnsinn auch dieses Krieges, ein unglaublicher und schmerzlicher Ritt durch Laufgräben, über Panzer und durch Stacheldraht. Eine große und grausame Szene, die Spielberg würdig ist. Doch das reicht nicht. Vor allem weil gleich danach im üblen Kitsch das als Stacheldraht-Roulade eingewickelte Pferd zur Völkerverständigung zwischen den Schützengräben dient. Dann finden sich alle wieder und sind so ergriffen, dass man den Waffenstillstand von Compiègne beschloss. Albert und Joey pflügten glücklich bis an ihr Lebensende. Am Ende ist das Abendrot künstlich wie bei amerikanischen oder irischen Western von John Ford. „Megakitsch" denkt sich das Pferd und aus Trotz umarmt es als einziger niemand anders.

12.2.12

Berlinale 2012 Shadow Dancer

Großbritannien, Irland 2012 R: James Marsh mit Clive Owen, Andrea Riseborough, Gillian Anderson, Aidan Gillem 100 Min.
Da fragte doch ein Kollege, was er mit dieser Geschichte von V-Frauen und Verrätern anfangen solle, die 1993 in Belfast, in der Endphase des nordirischen Widerstands gegen die britischen Besatzer spielt. Vielleicht wird sich in 20 Jahren, wenn ein Spielfilm die Hintergründe der Zwickauer Zelle und die Beteiligung vom Verfassungsschutz ausleuchtet, zeigen, das wohl alle diese Geheim- und Sicherheits-Dienste skrupellose mit Menschen spielen und sie auch ohne Zögern opfern. Der spannende und raffinierte Thriller „Shadow Dancer" setzt nebenbei die Berlinale-Reihe von Macht- und Zwangsverhältnissen zwischen Männer und Frauen (nach „Land of Blood and Honey" und „Barbara") fort, lässt allerdings jemand anders am Ende den letzten Zug machen. Ach ja, und endlich wissen wir auch, das Scully das FBI verlassen hat, weil Clive Owen bei den britischen Kollegen frischer aussieht als Duchovny.
Im Belfast des Jahres 1973 ist schnell klar, das wird keine nette Geschichte. Und das Rauchen tödlich ist: Der Vater schickt Collette zum Zigaretten holen, sie leitet den ungeliebten Auftrag an den Bruder weiter, der kurz darauf erschossen in die Wohnung zurück getragen wird. Alltag im sogenannten „Bürgerkrieg" der englischen Armee gegen IRA und die katholische Bevölkerung Nordirlands. Zwanzig Jahre später wird Collette (Andrea Riseborough) erwischt, als sie in der London Tube eine Bombe platzieren will. Ein sehr verständnisvoller Agent namens Mac (Clive Owen) bietet ihr an, den nicht zum Waffenstillstand bereiten IRA-Kämpfer Gerry auszuspionieren. Ansonsten drohe ihr Knast und Trennung von dem kleinen Sohn. Und außerdem hätte sie die Bombe ja gar nicht scharf gemacht, das würde viel verraten. Die junge Frau nimmt an, obwohl es ihr Todesurteil sein kann. Und tatsächlich scheint sie mit dem ersten Verrat, der ein Attentat verhindert, von den Engländern zum Abschuss freigegeben zu sein. Auch Mac wurde von seiner Chefin („Scully" Gillian Anderson) verraten und versucht, „seine" Spionin zu retten. Nach einem Kuss von Collette gibt er ihr alles preis....
Es gibt nicht nur ein Wiedersehen mit einer blondierten Gillian Anderson, eindrucksvoller ist der Auftritt von Andrea Riseborough, die als Wally in Madonnas „W.E." einen guten Auftritt in unglücklicher Umgebung hatte (der Film ist wirklich nicht gelungen). Nicht mehr glamourös, sondern verschlossen und getrieben kann sie mit ihrem Gesicht die Zwänge der mehrfachen Zwickmühle widerspiegeln. Während Collette jeden Moment der Freude bei ihrem Sohn genießt (den ihr Bruder nicht mehr haben konnte!), kapieren all die Männer nicht, dass es etwas anderes gibt als den Job, zu morden. Doch der Sicherheits-Chef dieser IRA-Abteilung (Henker kann man nicht sagen, da hier alle Blut an den Händen haben) verdächtigt sie, die Plastikplane ist beim Verhör schon ausgelegt und in einer spannenden Parallel-Suche recherchiert Mac in den bürokratisch korrekten Gehaltsabrechnungen nach dem einen Verräter, dessen Entdeckung die Entdeckung von Collette in einem großen Bluff verhindern soll. Dies ist allerdings nicht die letzte Volte des raffinierten Drehbuchs.

Berlinale 2012 I, Anna (Barnaby Southcombe)

Großbritannien, BRD, Frankreich 2012 Regie: Barnaby Southcombe mit Charlotte Rampling, Gabriel Byrne, Hayley Atwell, Eddie Marsan 93 Min.

Kann man sich Charlotte Rampling auf einem Single-Treff vorstellen? Ja, das ehemalige Model traut sich eine nicht vorteilhafte Alters-Rolle zu und ermöglich in dem atmosphärisch dichten Thriller „I, Anna" eine gute Überraschung.

Verwirrt sieht die elegante Dame in der Telefonzelle aus. Der fast ausgestorbene Kommunikations-Kubus sorgt seinerseits für Irritation bei der zeitlichen Einordnung der Szene. Später wird Anna am Ende einer bewegten Nacht in einem Hochhaus auf einen müden Polizist treffen. Es juckt sie etwas unter dem Gipsarm und im Gewissen. Insgesamt gibt es einen Toten und drei Menschen, die ein schlechtes Gewissen haben sowie den schlaflosen Londoner Kommissar, der erst mal seinen Trieben folgt, dabei aber doch auf der richtigen Spur ist.

Dabei schwelgt der Film mit exzellenter Kamera in Einsamkeit, blassen Gesichtern, einem kalten London. Gabriel Byrne ist als Kommissar sehr glaubwürdig unsicher. Still ohne jedes Machogehabe, das macht ihn reizvoll für die Frauen.

Ein netter Genrefilm, aber keine Festival-Sensation. „I, Anna" hat einen deutschen Verleih, aber noch keine Starttermin. Irgendwas hat die Filmförderung Schleswig-Holstein auch dazu getan, sehen tut man es nicht.

Berlinale 2012 Der Briefkasten

Ein lang Abwesender darf endlich wieder auf der Berlinale sein: Der Briefkasten vor der Berlinale-Palast! In den vergangenen Jahren klaffte an seiner Stelle nur Leere. Auch der Müll fand rund um den Roten Teppich seine Tonne nicht mehr - aus Sicherheitsgründen. Während in diesem Jahr hauptsächlich Besucher mit Absperrungen zu langen Wanderungen bewegt werden, freut man sich trotzdem über dies Zeichen von Normalität. „9/11" taucht zwar noch in Filmen wie „Captive" oder „Extrem laut und unglaublich nah" auf, doch auch wenn Berlinale ist, darf man nun wieder Briefe verschicken!

Berlinale 2012 Captive (Brillante Mendoza)

Frankreich, Philippinen, BRD, Großbritannien 2011 mit Isabelle Huppert, Katherine Mulville, Marc Zanetta, Maria Isabel Lopez, Rustica Carpio 120 Min.

Die Huppert schreit im Dschungel rum

Der französische Star Isabelle Huppert spielt in dem Geiseldrama „Captive" von Brillante Mendoza eine Missionarin, die mit anderen Ausländern und Philippinos über ein Jahr lang von der islamistischen Abu Sayyaf-Widerstandsgruppe gefangen gehalten wurde. Dabei ist die dauernd schreiende und kreischende Huppert eine anstrengende Fehlbesetzung in dem ausgewogen gestalteten Wettbewerbs-Drama, das nicht auf Spannung sondern auf viele kleine Details während der konstanten Flucht durch den Dschungel setzt.
Der Philippine Brillante Mendoza macht seinem Vornamen alle Ehre und gehört zu den angesagtesten Regisseuren der Welt. 2009 erhielt sein erschreckend brutaler Film „Kinatay" den Preis für Beste Regie Best in Cannes.

Berlinale 2012 Cesare deve morire (Paolo und Vittorio Taviani)

Die Tavianis und die „Schweren Jungs"

Eine Menge Lebenswerk-Begeisterung ernteten im Berlinale-Palast die italienischen Regie-Brüder Taviani, die man nach Welterfolgen wie „Kaos" in den Siebzigern und Achtzigern eher im Filmmuseum als im Festivalalltag vermutet. Die über 80-jährigen Paolo und Vittorio zeigten im Wettbewerb mit „Cesare deve morire" ein klassisches Stück Agitprop: Italienische Schwerverbrecher inszenieren im Hochsicherheitstrakt der römischen Strafanstalt Rebibbia Shakespeares „Julius Cäsar" und spielen sich selbst, während sie sich selber spielen. Durch die eindrucksvollen Physiognomien der groben Kerle mit ihren regionalen Dialekten ist diese altmodische „scripted reality" nett anzusehen, aber sie bleibt inszeniert und nur kurze Seitenblicke auf vier fehlende Finger an einer Hand lassen schaurig ahnen, was für monströse Geschichten diese oft zu lebenslänglich verurteilten Kerle wirklich erzählen könnten.

Berlinale 2012 Marley

Marley
Großbritannien, USA 2011 R: Kevin Macdonald 144 Min.

Der Schotte Kevin Macdonald erzählt in mehr als zwei packenden Stunden das Leben der Reggea-Legende Bob Marley. Obwohl aus Marleys Jugend in ärmsten Verhältnissen auf Jamaika kaum Dokumente existieren, schafft es der Regisseur vom „Last King of Scotland" und Cutter der You-Tube-Kompilation „Life in a Day" mit vielen originellen Geschichten ein ambivalentes Bild des weltweit verehrten Musikers zu zeichnen. Dabei müssen die Hits wie „One Love" oder „No woman, no cry" gar nicht ausgespielt werden, ebenso faszinierend wie der musikalische Siegeszug eines von allen Seiten verachteten Mischlings - „German Boy" nannte man den Weißhäutigen - ist die religiöse Komponente des Rastafari und die persönliche eines Mannes, der immer behauptete, keinen Ehrgeiz zu haben, aber seine elf Kinder von sieben Frauen beim Wettrennen immer schlagen musste.
Macdonald feiert die Premiere des Films in Berlin während seine Frau Tatiana am gleichen Abend in London den Britischen Filmpreis für das beste Produktions-Design erhält.

11.2.12

Berlinale 2012 - Barbara


BRD  2012 Regie: Christian Petzold mit Nina Hoss,  Ronald Zehrfeld,  Rainer Bock,  Christiana Hecke 105 Min.


Christian Petzold ist wieder im Wettbewerb und mehr als je zuvor kann er mit seiner exakten Erzählweise fesseln. Nina Hoss spielt wieder die Hauptrolle, diesmal als „Barabara", eine hervorragende ostdeutsche Ärztin, die Anfang der 80er aus Berlin in die Provinz strafversetzt wird, weil sie einen Ausreiseantrag gestellt hat.


Dabei ist nicht die Spannung, ob Barbara die Westflucht schafft, das Fesselnde. Den  DDR-Zustand von Überwachung und Erniedrigung zu beobachten, ist so packend, dass man Barbara gar nicht unbedingt wünscht, sie könne dem Stasi-Regime entkommen.

Der Klinik-Chef Dr. Reiser (André ist sein Vorname, aber man darf bei Petzold sicher auch Anton Reiser denken) beobachtet sie seit ihrer Ankunft amüsiert und interessiert. Sie schmollt eigensinnig, die neue Ärztin aus der Berliner Vorzeige-Klinik Charité. Darf sie auch und es wäre komisch, wenn dieser Staatsterror nicht so mörderisch ernst wäre: Barabara Wolf (heißt ironischerweise wie eine heilige Märthyrerin und wie der Geheimdienst-Chef Markus Wolf) ist in die Provinz versetzt worden, weil sie einen Ausreiseantrag gestellt hat. Haft gab es vorher, die Arbeiter und Bauern hätten ihr ja schließlich das Studium bezahlt, jetzt solle sie sich in der DDR dafür revangieren.


Mit einer enormen Detailgenauigkeit haben Petzold und sein Team die DDR rekonstruiert, auch die besonders schäbige Wohnung, die der Staat Barbara zugewiesen hat. Sie selbst mit ihrem roten Schminkkoffer fällt aus der farblosen Tristesse heraus, ganz wie ihre Strümpfe und die Zigaretten aus dem Westen, das Auftreten, das sicher nicht nur in der Provinz als arrogant gesehen werden kann. Die langen Beine, die sie gern zeigt und die Dr. Reiser nicht entgehen.


Die Sprache ist im Sezieren der Verhältnisse extrem exakt:  Im Gespräch mit Dr. Reiser in dessen Auto – ihr Verdacht, er beobachte sie für die Stasi ist immer dabei – wundert Barabara sich über die Morphium-Spritze für die tödlich am Krebs erkrankte Frau des Stasi-Offiziers: „Machen sie das öfter?" „Das Sterben erleichtern?" „Arschlöchern helfen?" „ Wenn sie krank sind, ja."


Knapper kann man nicht zusammenfassen, wieso sich Reiser in seiner kleinen privaten Zelle mit Gartenkräutern arrangiert hat. Dagegen steht das Entsetzen als Barabaras Liebhaber aus Westdeutschland meint, er würde für sie auch in den Osten ziehen:  „Hier kann man nicht glücklich werden!"


Barbara sucht auch hier die eigene Freiheit m dem Fahrrad, doch immer wenn sie der Kontrolle der Stasi und den Blicken der Nachbarn oder Kollegen entkommt, folgt eine brutale Wohnungsdurchsuchung bis in den Intimbereich der Körperöffnungen. Systematisch soll die Ausbreitung einer Persönlichkeit zerstört werden, bis zu den Fahrradreifen, die Barbara zerstochen auffindet. Der so erzwungene Marsch macht ihr die schicken hohen Schuhe zur blutigen Qual.

In einem zufälligen Treffen mit einer anderen Geliebten eines Westlers, wird die emotionale Beziehung typisch Petzold auf die reine Ökonomie reduziert: Die abschreckende Steffi mit der dicken Warze im Gesicht ist nur auf Bezahlung aus und sucht sich im Katalog den passenden Schmuck.

Verschiedene Kunstwerke spiegeln die Situation Barbaras: Rembrandts „Die Anatomie des Dr. Tulp" erzählt etwas über die Perspektive auf das und vom Mitleid mit dem Opfer. (Der Film zeigt  fast ausschließtlich Barabara Sicht.) Die von Reiser zusammengefasste Erzählung „Der Kreisarzt" des russischen Schriftstellers Iwan Sergejewitsch Turgenjew (aus der Sammlung von Erzählungen „Aufzeichnungen eines Jägers") bringt die Idee eines Opfers für ein todgeweihtes Mädchen ins Spiel.


Denn mit der aus dem Jugendlager Thorgau entflohenen und in die Klinik eingewiesenen Stella, die rebellisch wie Barbara ist, versteckt sich noch jemand in der Natur. Durch Stella meldet sich später die Dramaturgie etwas lauter im Film zurück und verlangt eine Entscheidung Leben gegen Leben. Bis zum offenen Ende – immerhin noch in der Provinz. Barbara macht ihrem Namen alle Ehre. Die Band Chic kommentiert „At last I am free" (endlich bin ich frei) beim Abspann.