7.1.12

Interview Elmar Fischer zu seinem neuen Kinofilm OFFROAD

Bundesweite Premiere von „Offroad" in Alsdorf

Geilenkirchen lacht sich auf die Straßenkarte des Films

Aachen. Mit „Offroad" feiert am Sonntag die bislang größte in unserer Region realisierte Kinoproduktion ihre Premiere. Der aus Geilenkirchen stammende Regisseur Elmar Fischer („Fremder Freund") drehte in seiner Geburtsstadt und in seiner Heimatstadt Berlin die Komödie für über 3 Mio. Euro mit Nora Tschirner in der Hauptrolle. Wie schon beim Grenzland-Klassiker „Sündige Grenze" von Robert A. Stemmle aus dem Jahre 1951 und wie in dem kürzlich in Aachen und Köln realisierten „Diamantenhochzeit" geht es um Schmuggel - wieder findet sich heiße Ware in mehr
oder weniger heißen Autos. Unser Autor Günter H. Jekubzik fragte den Regisseur Elmar Fischer vor der großen Premieren-Tour, wie man das Filmemacher-Navi einstellen muss, um von Geilenkirchen nach Geilenkirchen zu kommen.


Wie kam es zur Deutschland-Premiere in Alsdorf und wie fühlen Sie sich vor der ersten Vorstellung von „Offroad"?

Ich bin sehr nervös, schließlich ist es die Premiere. In Geilenkirchen gibt es leider kein Kino, sonst hätten wir die Veranstaltung dort hin gelegt. So fiel die Wahl auf Alsdorf, das ein schönes Kino hat. Es werden viele Leute aus Geilenkirchen kommen und ich bin gespannt, wie sie den Film aufnehmen. Es gibt nämlich eine Szene, die mir Bauchschmerzen bereitet. Unsere Protagonistin Meike Pelzer (Nora Tschirner) brüllt das Ortschild an: „Tschüss, du Scheißkaff!". Ich hoffe, dass die Geilenkirchener so viel Humor haben und verstehen, dass es der Filmdramaturgie geschuldet ist. Geilenkirchen ist selbstverständlich kein „Scheißkaff".

Wie kamen Sie zu der Idee für „Offroad"?

Vor einigen Jahren habe ich einen Artikel gelesen, in dem ein Mann etwas Ähnliches erlebt hat: Er hat einen
Jeep beim Zoll ersteigert, darin eine größere Menge Kokain gefunden und dann den Wagen zurückgebracht. Ich hab überlegt, was wäre, wenn er das nicht getan hätte, wenn er sich entschieden hätte, sein Leben aufzugeben. Ich habe den Mann dann für unsere Geschichte in eine ‚angry young woman' verwandelt, die sich auf die Reise begibt und alles hinter sich lässt. Die irgendwo in der Provinz schon die nächsten 40 bis 50 Jahre sieht, die vor ihr liegen, sich dann dagegen entscheidet und ausbricht.

Wie lange haben Sie an dem Stoff gearbeitet?

Immer mal wieder über fünf, sechs Jahre. Das wächst nach und nach. Ich bin selbst auf Schützenfesten gewesen, habe mich mit Schützen in Geilenkirchen während der Drehbucharbeiten unterhalten. Man lässt sich inspirieren von Dingen, die irgendwann im Leben mal aufgetaucht sind. So arbeite ich gerne, weil in der Realität spannendere Dinge stattfinden, als man sich ausdenken könnte.


Heimspiel(-film)

Wie kommt Geilenkirchen in den Film?

Ich hab immer Geilenkirchen im Kopf gehabt, als ich die Geschichte entwickelt habe, wusste aber lange nicht, ob wir die nötigen Drehorte dort finden werden. Und ich war mir nicht sicher, ob es schlau ist, den Ort Geilenkirchen zu nennen. Wenn ich hier in Berlin sage, "ich komme aus Geilenkirchen", denken die Leute, ich hätte mir einen witzigen Namen ausgedacht. So eine Gefahr besteht auch beim Ortsnamen in „Offroad".

Wie waren die Dreharbeiten dort?

Wir hatten ein ganz tolles Umfeld. Bürgermeister Thomas Fiedler, die gesamte Stadtverwaltung haben alles für uns möglich gemacht. Wir waren willkommen und die meisten Geilenkirchener waren stolz drauf, dass wir bei ihnen gedreht haben. Das wäre in einem Ort, zu dem ich nicht solche Beziehungen gehabt hätte, bestimmt nicht so gewesen.

Welche Beziehungen haben Sie noch dorthin?

Ich bin regelmäßig noch in Geilenkirchen, meine Eltern wohnen dort. Ich hab auch noch alte Schulfreunde von Grundschule und Gymnasium, mit denen ich mich regelmäßig treffe. Ich bin gerne immer mal wieder da.


Krimis und Komödie

Mit Fernsehkrimis wie „Bloch" und „Tatort" haben Sie immer gut zu tun gehabt. Wie wichtig ist es für Sie, einen Kinofilm zu machen?

Kino ist immer was Besonderes. Das Schöne an meinem Beruf ist, dass man sich immer wieder ausprobieren und neu erfinden kann. Da sind ein Kinofilm mit einem hoffentlich größeren Publikum und ein harter Wechsel im Genre eine einmalige Gelegenheit. Vor allem, wenn man den Film auch noch selbst geschrieben hat.

Liege ich falsch, wenn ich Sie als Krimi-Regisseur bezeichne?

Ja, finde ich schon. Ich habe jetzt zwei Folgen „Bloch" mit Dieter Pfaff gemacht. Das wird oft als Krimi bezeichnet, ist aber in Wirklichkeit ein Psychodrama. Ich habe mit „Im Dschungel" und „Dornröschen erwacht" Psycho- oder Polit-Thriller inszeniert. „Fremder Freund" war eine Mischung aus Politthriller und Freundschaftsdrama. Krimi greift da zu kurz. Aber ich habe nichts gegen Krimis.
Sie sind eine wunderbare Möglichkeit, im deutschen Fernsehen spannende Themen zu erzählen und damit ein großes Publikum zu erreichen. Mit einem Drama oder mit einem Thriller ist das nicht so einfach, denn bei einem Krimi gibt es ein Stammpublikum. Das freut sich auf das Erzählschema „Mord-Opfer-Täter" und damit kann man spielen, die Menschen an Themen heranbringen, die spannend und ungewöhnlich sind. Hin und wieder drehe ich ganz gerne einen Krimi.


Karriereweg

Erinnern Sie sich noch an einen Artikel aus Ihrer Zeit bei den Aachener Zeitungen?

Kurz nach dem Abitur habe ich bei der Geilenkirchener Volkszeitung zuerst alle Hochämter und Messen an Weihnachten in Geilenkirchen und den umliegenden Dörfern zusammengefasst. Eine wahnsinnige Fleißarbeit. Später kamen Jubiläen, auch mal lokale Reportagen und vieles mehr. Das war eine spannende Zeit, weil man sich im Kleinen ausprobieren konnte. Und viel über die Region, in der man schon 19 Jahre gelebt hat, lernen konnte.

Was haben Sie hier gelernt und wie kommt man von dort zur „Süddeutschen Zeitung"?

Ich wollte Journalist werden, habe in München studiert und fünf, sechs Jahre Fernsehjournalismus gemacht. Da hab ich an dem Medium Fernsehen Gefallen gefunden, aber der Alltag, sozusagen die TV-Berichterstattung, oft in 1.30 Minuten Länge haben mich bald nicht mehr erfüllt. So habe ich mich entschlossen, Regisseur zu werden. Das Problem war, dass man ohne Filmhochschule keinen Nachweis hat, dass man das auch kann. So habe ich erst einmal zwei Jahre Schauspielunterricht genommen. Auch um zu wissen, wie das ist, wenn der Regisseur plötzlich sagt: trauriger, witziger, sensibler, etc. In kleinen Schritten ging es dann vorwärts mit Musikvideos und Industriefilmen bis zu „Fremder Freund", meinem ersten Spielfilm.


Wann gibt es den nächsten TV- und wann den nächsten Kinofilm?

Im April werde ich einen Tatort drehen, dann sehen wir mal weiter. Das ist in diesem Geschäft immer so, dass man von Film zu Film schaut. Für den nächsten Kinofilm setze ich mir jetzt keine Jahreszahl. Das muss gut sein und ich will den auch selber schreiben. Es gibt viele Ideen, auch Exposés, aber da ist noch nichts spruchreif.


Der Film
„Offroad" erzählt die Geschichte einer Suche nach dem Sinn oder Unsinn des Lebens und einer unerwarteten Liebe. Eine Komödie mit schrägen Typen und vielen absurden Momenten, in der Nora Tschirner nach Ohren- und Küken-Millionenerfolgen erneut ihre authentische Spielfreude unter Beweis stellen kann.

Der Regisseur
Elmar Fischer rangiert bei Google noch hinter dem 1936 geborenen Bischof gleichen Namens. Der Regisseur - Jahrgang 1968 - wuchs in Geilenkirchen auf und ging dort auf das Bischöfliche Gymnasium St. Ursula. Mit 19 Jahren schrieb er für die Aachener Nachrichten und die Aachener Volkszeitung, bevor er zur Deutschen Journalistenschule ging. Seit 1992 war er als Produzent, Autor und Regisseur für mehrere deutsche Fernsehsender tätig. Nebenher schrieb er für das Jugendmagazin "jetzt" der Süddeutschen Zeitung. 2003 kam sein erster Langspielfilm „Fremder Freund" in die Kinos und erhielt fünf Preise, unter anderem den den First Steps Award. „Fremder Freund" thematisierte auf offene Weise Ängste und Vorverurteilungen nach den Anschlägen vom 11. September 2001. Damit war er beim „Euregio Filmball" in Alsdorf für den „Euregio Film Award" nominiert.