21.12.11

In guten Händen

Großbritannien, Frankreich, BRD, Luxemburg 2011 (Hysteria) Regie: Tanya Wexler mit Maggie Gyllenhaal, Hugh Dancy, Jonathan Pryce, Felicity Jones, Rupert Everett 100 Min.

Vibratoren setzt man eher mit Beate Uhse in Verbindung als mit Queen Victoria und ihrem als prüde geltenden Zeitalter. Doch Anfang der Achtziger des vorletzten Jahrhunderts feiert der Londoner Arzt Dr. Robert Dalrymple (Jonathan Pryce) große Erfolge mit einer besonderen Behandlungsmethode. Seine „Manipulation" zu Entspannung angeblich hysterischer Frauen, die komplett bekleidet im Behandlungsstuhl liegen, führt bei wöchentlichen Terminen sicher zum - rein medizinisch notwendigen - Orgasmus. Als der junge Kollege Dr. Mortimer Granville (Hugh Dancy,) in das Arzthaus mit braver, junger Tochter Emily Dalrymple (Felicity Jones) einzieht, füllt sich der Terminkalender, aber auch eine Art Tennisarm macht sich bei Behandler störend bemerkbar. Während sich äußerst zurückhaltend eine Verbindung mit Emily anbahnt, sind die Begegnungen mit der verstoßenen Tochter Charlotte Dalrymple (Maggie Gyllenhaal) vor allem stürmisch. Das liegt an ihrem enormen Temperament, mit dem sie ihr Armenhaus unterstützt, in einer Zeit mit zwei Dritteln der Bevölkerung in elender Armut. Aber erst nachdem Mortimer zusammen mit seinem ebenso lebenslustigen wie einfaltsreichem Erfinderfreund Lord Lord Edmund St. John-Smythe (Rupert Everett) einen elektrischen Apparat zur Unterstützung seiner „Manipulation" entwickelte, kommen Dickkopf Charlotte und der verhaltene Mortimer zusammen

Maggie Gyllenhaal spielt in dieser komischen Rolle die leibhaftige Provokation Charlotte herrlich unweiblich. Die tolle Frau mit dem großen Herzen beeindruckt nicht nur als Gegensatz zur braven Streberin in Form der kleinen Schwester. Hugh Dancy als Dr. Mortimer hingegen steht nur der selbst total verklemmte Schwiegersohn. Der unauffällige Schauspieler verblasst in fast allen Szenen, vor allem, wenn Rupert Everett als lustig lustvoller Lord nicht nur eifrig eines der ersten Telefone nutzt, sondern gleichzeitig auch Telefonsex erfindet oder seiner Mutter einen Vibrator empfiehlt. Wenn auch die furchtbar sexistische und grausam behandelte Hysterie ebenso wie die Erfindung des Vibrators historisch korrekt sind, ebenso wie die historisch sehr interessanten Modelle im Abspann, geht es der Geschichte vor allem um großen Spaß: Die Opernsängerin Castellari (oder Castafiore?) trällert auf dem Höhepunkt der „Behandlung", die Wissenschaftler staunen und vor allem die Frauen im Saal amüsieren sich köstlich. Denn trotz zahlreicher Orgasmen ist fast jeder bei diesem Film, der nicht einmal ein nacktes Frauenknie zeigt, in guten Händen.