23.8.10

Ich & Orson Welles


USA, Großbritannien 2008 (Me And Orson Welles) Regie: Richard Linklater mit Zac Efron, Christian McKay, Claire Danes, Ben Chaplin 114 Min.

Einer der besten Filme über das Theater überhaupt - das meinte Robert Ebert zu „Ich & Orson Welles“. Da kann man nur mit großer Begeisterung zustimmen und sich zudem über die Geschichte eines frechen jungen Mannes freuen, der sich in die Broadway-Szene der Dreißiger stürzt und 1937 an der Seite des legendären Orson Welles in einer epochalen Inszenierung von „Julius Cäsar“ spielt. Zusammen mit Tim Robbins’ „Cradle Will Rock“  (1999) ergibt sich ein tolles Schauspiel über die ersten Theater-Jahre von Welles.

Schon das Blättern durch ein paar Schallplatten in einem New Yorker Musikgeschäft, ein paar Klänge von Gershwin, und wir sind mitten in einer vibrierenden Zeit für kulturliebende Menschen. Der 17-jährige Richard Samuels (Zac Efron) sollte eigentlich in der Literaturklasse Shakespeare durchnehmen, aber es zieht ihn zum Broadway und vor dem Mercury-Theatre wird er aus dem Stehgreif vom egomanischen Regisseur Orson Welles für die Rolle des Lucius in „Julius Cäsar“ engagiert. Die Gelegenheit, „von Orson Welles’ Spucke getroffen zu werden, kein Geld zu bekommen, aber wenn man ihm nie widerspricht, vielleicht einmal groß Karriere zu machen“.

Nun lässt Richard Linklater („Before sunrise“, „Before sunset“) - nach einem Roman von Robert Kaplow - vor und auf der Bühne durch die Kamera von Dick Pope äußert lebendig miterleben, wie chaotisch und genial eine Aufführung Gestalt gewinnt, von der man tatsächlich, wie von Welles behauptet, auch fünfzig Jahre später noch sprach. Die nachgespielten Szenen aus der Inszenierung - in faschistischen Uniformen vor extrem reduzierter Kulisse - geben einen Eindruck von Modernität und Wirkung dieses Welleschen Kunststücks.

Mittendrin, wie „Wilhelm Meister Lehrjahre“ ins New York der Dreißiger Jahre versetzt, staunt erstaunlich frech der junge Richard, der einem Orson Welles widerspricht, der schon vor dem Radiodrama „Krieg der Welten“ und Film-Legenden wie „Citizen Kane“ ein „Großer“ war.

Gleichzeitig versteigt sich der Romantiker Richard sogar darin, die von allen begehrte Theater-Sekretärin Sonja Jones (Claire Danes) zu erobern. Doch die hofft auf eine Verabredung mit dem mächtigen Produzenten David O. Selznick und geht dafür mit jedem Mittler ins Bett. Bis zur bitteren Schlussnote von Richards Karriere erleben wir, wie hinter den Kulissen der hehren Kunst ebenso hintergangen und gemeuchelt wird, wie vorne in Shakespeares Rom.

Die wundervolle Geschichte über die Leidenschaft des Schauspielens und die, große Kunst zu schaffen, lässt das Wunderkind Welles in Fleisch und Blut aufleben. Christian McKay, der den Tyrannen der Mercury-Truppe bereits auf der Bühne spielte, gibt ihn in „Ich & Orson Welles“ als egozentrisches und chaotisches Genie, nicht unbedingt sympathisch mit seinen andauernden Affären. Wenngleich die Frechheit immer siegt, denn welch ein Gesetz verbietet einem, in einem Krankenwagen an allen Staus New Yorks vorbei zu fahren? Und noch im rauschenden Applaus der Premiere schweifen seine Gedanken ab zum nächsten großen Projekt...