12.2.10

Berlinale 2010


Teilen und vereinigen

Berlin. Die diesjährige Berlinale, die heute Abend mit dem chinesischen Film „Tuan Yuan - Apart Together“ seine Eröffnung feiert, wird speziell. Nicht nur weil vom 11. – 21. Februar 2010 die 60. Ausgabe des Festivals mit der bewegtesten Geschichte sein Jubiläum ausführlich feiert. Die 60. Berlinale jubiliert nicht nur, sie breitet sich auch immer mehr in der Stadt aus, die sie viergeteilt, dann als kultureller Außenposten des Westens am Rande der Mauer und nun sehr erfolgreich wiedervereinigt erlebte. Der „Fliegende Rote Teppich“ geht 2010 erstmalig in die einzelnen Stadtteile, jeden Abend bekommt ein anderer seine Portion Promi ab. Wie das dem Festival-Zentrum am Potsdamer Platz bekommt, muss sich zeigen. Speziell ist auch, dass einige der - nach Papierform - spannendsten Filme in der Sonderreihe „Berlinale Special“ stattfinden. Schon lange fragt man sich auf allen großen Filmfestivals, wieso es spezielle Filme und nicht so spezielle Filme geben soll.

Der Eröffnungsfilm von Wang Quan'an, der 2006 mit Tuyas Hochzeit den Goldenen Bären gewann, zeigt, wie mehr als 50 Jahre nach der Errichtung der Volksrepublik China auf dem chinesischen Festland und der Gründung der Inselrepublik Taiwan die erste Reise einer Besuchergruppe von ehemaligen Soldaten der Volkspartei Kuomintang aus Taiwan zur Zusammenführung mit Familienangehörigen in Schanghai zugelassen wird. Ein passender Film zur einst geteilten Stadt mitten in einer geteilten Nation, der mit 19 Filmen im Wettbewerb um den Goldenen Bären antritt. Mit im Rennen sind unter anderem Michael Winterbottom und Roman Polanski. Der Regisseur wird sich ziemlich sicher nicht frei machen können, um seinen Polit-Thriller „Ghostwriter“ vorzustellen. Bis zur Preisverleihung darf man aber auch Solidaritäts-Adressen und -Diskussionen für den im Schweizer Chalet-Arrest befindlichen Regisseur gespannt sein.

Das winterliche Metropolis des Weltkinos hält den Hollywood-Film ganz (selbst-) bewusst wieder recht kurz. Selbst Scorseses „Shutter Island“ (mit seinem neuen Lieblingsschauspieler Leo DiCaprio im vierten Auftritt hintereinander) landete eher unglücklich (außer Konkurrenz) bei der Berlinale. Die Finanzkrise verhinderte, dass der Thriller schon im letzten Jahr in den USA anlaufen konnte. Dafür kann die Berlinale direkt am Freitag mit Stars aufwarten: Ewan McGregor und Pierce Brosnan sind die Hauptdarsteller im Thriller „Ghostwriter“. Die Anwesenheit des Schauspielstars Shah Rukh Khan zur Premiere von „My Name is Khan“ wird die Anhänger des indischen Kinos an den Potsdamer Platz bringen.

Früh hat auch der aus Aachen stammende Produzent Martin Heisler (Lichtblick Media) mit seinem neuen Dokumentarfilm "David wants to fly" seinen auftritt. Der Film über einen Regisseur, der spirituelle Hilfe unter anderem bei David Lynch sucht, eröffnet die Dokumente-Reihe im Panorama. Aus Nordrhein-Westfalen sind gleich 17 Filme, die von der Filmstiftung NRW gefördert wurden auf den Berliner Filmfestspielen. "Jud Süß - Film ohne Gewissen" von Oskar Roehler wird im Wettbewerb mit Spannung erwartet und Jo Baiers "Henri 4" nach Heinrich Manns "Henri Quatre"-Romanen startet als Berlinale Special.

Berlin kann sich im Programm auch selbst widerspiegeln. Nicht nur mit der Wiederaufführung der wiedervereinigten Urfassung von „Metropolis“ Jahrzehnte nach der Aufführung in Berlin. Dominik Grafs Berlin-Thriller „Im Angesicht des Verbrechens“ vermittelt im epischen 10-Teile-Format das düstere Bild einer Stadt, die von Geld sowie Politikern versaut und von den Russen kontrolliert wird. Nur hier wird das mehr als achtstündige Werk (fast) zusammenhängend gezeigt. Und auch bei der Durchsicht des unabhängigen wie selbstbewussten Programms mit viel Asien und Weltkino, kann man an die Einzigartigkeit der Berlinale im internationalen Festivalreigen glauben.