25.3.09

Der Kaufhaus Cop


USA 2009 (Paul Blart: Mall Cop) Regie: Steve Carr mit Kevin James, Jayma Mays, Keir O'Donnelll 87 Min.

Ganz schwere Action, „Die Hard XXL“ oder Bruce Willis mit Übergewicht. Das muss komisch sein und ist es auch. Dass King of Queens" Kevin James diesen „Kaufhaus Cop“ massiv verkörpert, macht ihn sympathisch und bringt die Komödie um gescheiterte Action weg von platter Albernheit.

Paul Blart ist ein verhinderter Polizist, der sich als Kaufhaus Cop, als Ordnungshüter im Einkaufszentrum lächerlich macht, weil er Rentnern in ihren Elektromobilen Verwarnungen wegen Geschwindigkeitsüberschreitung ausstellt. Seine ehrenvolle - so meint er - Aufgabe erfüllt er auf einem Segway-Roller, auf so einem elektrischen Zweirad, das dauernd zwischen Science Fiction und Slapstick pendelt. Und damit ist der Typ ist wirklich komisch.

Bis ein paar Räuber das Kaufland kapern und ausgerechnet Blarts Freundin in spe als Geisel nehmen. Nun fängt beim Spiel Einer gegen alle im großen Abenteuer-Spielplatz Einkaufscenter ein Scheitern am Action-Konzept an: Alles, was die tollen Actionhelden machen, klappt bei Bart nicht: Der Sprung durch die Glastüre wird zum Bumerang. Der coole Gleitsprung hinter die Säule endet einen Meter zu früh, der Kopfstoß tut richtig weh und die schmerzliche Wunde ist ein kleiner Kratzer, der mit einem Hello Kitty-Pflaster verbunden wird. „Der Kaufhaus Cop“ ist in der Form eine Kopie, in der Ausführung durch Kevin James eine liebenswerte Parodie. Der große US-Erfolg stammt aus dem Produktionshaus „Happy Madison“ von Adam Sandler, leider zerstören einige ganz grobe Fehler im Schnitt den ansonsten sorgfältigen Eindruck der Produktion nachhaltig.

Inside Hollywood


USA 2007 (What Just Happened?) Regie: Barry Levinson mit Robert De Niro, Sean Penn, Bruce Willis 105 Min. FSK: ab 12

Was Sie schon immer über Ihren Lieblingsstar wissen wollten und selbst in Brisant nicht erfahren haben... „Inside Hollywood“ basiert auf den Memoiren des Produzenten Art Linson  ("Heat", "Fight Club", "Into the Wild"). Zwar zeigt sich ein Übermaß an Stars auf der Leinwand, doch unentschieden zwischen Parodie und Leidensweg eines überforderten Produzenten gewinnt der Film weder seine Balance noch die Begeisterung des Publikums.

Robert DeNiro gibt den Produzenten Ben, der langsam seine Top-Position in der Branche verliert. Während sein Star (Bruce Willis) einen Vollbart, der absolut nicht zur Rolle passt, nicht ablegen will, muss sich Ben zudem mit seiner letzten Ex auseinander setzen und das Werk eines wahnsinnigen britischen Regisseurs für Cannes präsentabel machen. John Turturro spielt einen sehr schrägen Agenten, Catherine Keener    die knallharte Studiochefin Lou Tarnow. Und wenn Nick Drake auf dem Soundtrack spielt, dann fühlt sich der äußerlich knallharte Produzent Ben ganz verloren und allein. Die Parodie wandelt sich zu einer persönlichen Leidensgeschichte und dann wieder rasch und extrem zurück.

„Inside Hollywood“ mit Robert Altmans „The Players“ zu vergleichen, wäre unfair. Doch auch ganz für sich hat dieser Film von Barry Levinson Probleme zu überzeugen: Sean Penn als Sean Penn ist total Sean Penn! Seine Ex Robin Wright liefert sich mit ihrem Film-Ex Ben eine sehr komische Paartherapie. Dann sind da noch ein paar kleine Momente, die funktionieren. Doch das Ganze lässt einen unbefriedigt zurück und kann sich nicht nachhaltig festsetzen.

24.3.09

Notorious B.I.G.


USA 2009 (Notorious) Regie: George Tillman Jr. mit Jamal Woolard, Angela Bassett, Derek Luke 123 Min.

Die Fans vom Gangsta-Rap mögen es verzeihen, aber ausgerechnet dieser berühmte Sprech-Sänger hat in diesem Film überhaupt nichts zu sagen. „Notorious B.I.G.“ ist nur noch eine weitere 08/15-Biografie, die es für alle möglichen Menschen und Künstler gibt.

Sean "Puffy" Combs, der Musik-Produzent, der sich im Film immer wieder produziert und dafür von der West Coast-Fraktion heftig einen vor den Bug bekommt, produzierte auch diesen Film über die Legende Notorious B.I.G.

Er begann seine Karriere zu Beginn der Neunzigerjahre als Drogendealer und Zuhälter. Nach einem Treffen mit dem Produzenten Puff Daddy will Christopher Wallace sein Leben ändern und wird als „The Notorious B.I.G.“ ein erstes Album auf. Aus der Freundschaft mit dem Westküsten-Rapper Tupac Shakur wird ein mörderischer Streit zwischen den Gangsta-Rappern der beiden Küsten.

Der Film ist fast Seligsprechung des ehemaligen Drogenhändlers, wie ein großes Kind tapert er durch sein Leben, kurz vor Schluss macht er noch reinen Tisch, verträgt sich mit all seinen Frauen, bekennt sich zu seinen beiden Kindern. Und was soll das, außer noch mehr Geld für die Bad Boys einspielen? Viel hat Notorious den Menschen nicht zu sagen, außer: Ich habe es geschafft. Nichts ist ungewöhnlich, nichts menschlich interessant. Nur ein Marketing-Mittel, bald kommt bestimmt wieder eine CD raus.

Die Herzogin


USA 2008 (The Duchess) Regie: Saul Dibb mit Keira Knightley, Ralph Fiennes, Charlotte Rampling 110 Min. FSK: ab 12

Kostümfilme sind per definitionem veraltet. Dürfen sie, solange sie nicht verstaubt sind, wenn die meist zu sauberen Kostüme auch Leben durchlassen. Sofia Coppola machte aus „Marie Antoinette“ eine Art Barbie Punk. Und jetzt spielt Keira Knightley eine Urahnin von Lady Di, die historische Figur Georgina Cavendish, Herzogin von Devonshire (1757-1806). Die geht allerdings nicht als stolze Herrscherin zugrunde, sondern leidet als Madame Bovary mit umgekehrten Vorzeichen still an Lieb- und Machtlosigkeit.

Da geht einem das Herz auf, bei diesen jungen, spielenden Menschen in sattem Grün. Ein ungezwungenes Spiel in der Natur, fast kindlich, wäre da nicht das harmlose Flirten. Auch der kalte Blick eines werbenden Herzogs vermag die Freude der jungen Georgina nicht zu trüben. Sie freut sich über eine sehr gute Heirat, über seinen guten Stand, fragt naiv, ob er sie liebe.

Schön gesetzte Bilder, in satten Farben symmetrisch begleiten Georgina auch beim Einzug auf das Schloss des Herzogs. Den (Film-) Titel „Die Herzogin“ erhält die junge Georgina erst im Moment der Vereinigung, wenn die Ehepartner erstmals zusammen im Bild zu sehen sind. Doch bald wirkt Georgina einsam und verloren in den langen Fluchten der reichen Räume und blinkenden Spiegel. Der mächtige, in starren Traditionen verhaftete Herzog will nur einen Erben zeugen, redet nicht mit seiner Frau, geschweige von Gefühlen. Der kalte Machtmensch verfolgt den Wahn, sich in „eigenem Fleisch und Blut“ fortzupflanzen, bis zur Vergewaltigung.

Da Georgina zwar Töchter gebiert, aber keinen Jungen, verachtet er sie mit extremer Kälte. Doch das ist nicht genug der Erniedrigung, der Herzog nimmt sich sogar die beste Freundin von Georgina als Geliebte. Deren persönliche Qualitäten liegen darin, Jungen zu werfen. In einem der angreifendsten Momente lässt Keira Knightley mitfühlen, wie selbst die tapferste, klügste und kompromissbereiteste Frau von einem Übermaß an Verständnislosigkeit, mangelndem Einfühlungsvermögen und blindem Eigeninteresse gebrochen werden kann. Erst soll sie ihm nur einen Erben gebären. Dann muss sie ihrer wahren Lieben entsagen und auch noch dessen Kind weggeben. Während er sich nach Bedarf eine Geliebte ins Haus holt und diese selbstverständlich mit am Tisch essen lässt.

Knightley, die ja generell historisch gut spielt, ob in „Stolz und Vorurteil“ oder als Piratenbraut, gibt eine überzeugende Identifikationsfigur. Sympathisch und in all den eindrucksvollen Kostümen sehr lebendig. Ihre Georgina sucht immer wieder Rat bei der Mutter - voll bitterer Würde grandios gespielt von Charlotte Rampling. Ralph Fiennes spielt eine bittere, in Ansätzen tragische Gestalt. Aber bei diesem sehr gelungenen Film von Saul Dibb, lohnt es sich besonders auf die Bildkompositionen und die Räumlichkeiten, das Gegenüber von Natur und Innenraum zu achten. Wie im Lehrbuch, zwängt das Bild Georgina ein, platziert ihre Gefühle in engen Rahmen.

Die Musik, die Blicke legen eine versöhnliche Note über das Ende, aber auch einen weiteren bitteren Hinweis. Wie in der Eingangsszene wird draußen auf grünem Rasen gespielt. Doch nun ist es ein angelegter Garten mit strengen geometrischen Strukturen, die es Georgina und den Kindern nur noch erlauben, in festen Bahnen zu laufen, im Kreis. Wer sich damit versöhnen kann, mag es tun. Man kann es auch als schwer erträgliches Sinnbild einer grausamen Vergesellschaftung eines freien Wesens betrachten.

Deutschland 09


BRD 2009 (Deutschland 09) Regie: Dominik Graf, Wolfgang Becker, Fatih Akin, Nicolette Krebitz, Dani Levy, Romuald Karmakar, Tom Tykwer u.a. mit
Sandra Hüller, Denis Moschitto, Benno Fürmann, Jasmin Tabatabai, Uwe Bohm, Dani Levy, Josef Bierbichler u.v.a. 142 Min.

Nachdenken über Deutschland im Episodenfilm - das kann interessant und erhellend sein. Das ist aber auch immer Nachdenken über Episodenfilm. 13 kurze Filme zur Lage der Nation spielen, argumentieren, begeistern oder irritieren unterschiedlich. Mit unter anderem Hans Weingartner, Dominik Graf, Wolfgang Becker, Fatih Akin, Nicolette Krebitz, Dani Levy, Romuald Karmakar und Tom Tykwer in den Fächern Regie und Buch muss so eine Kompilation interessant sein. Nach den Höhen und Tiefen der jeweiligen Tagesform fängt allerdings das Nachdenken über Deutschland erst richtig an...

Über 60 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, 40 Jahre nach dem studentischen Aufbruch 1968, 30 Jahre nach dem „Deutschen Herbst“ 1977, 20 Jahre nach dem Fall der deutsch-deutschen Grenze 1989 sei wieder mal Zeit für „Nachdenken über Deutschland“ dachten sich die Macher um Tom Tykwer und Dani Levy. Der engagierte Schweizer mit Wohnort in Berlin spielt selbst einen Vater, der aufgrund einer neuen Medizin Deutschland plötzlich sehr positiv sieht. Allerdings sieht er auch, wie sein kleiner Sohn sich in die Luft erhebt und lachend über Berlin herumfliegt. Die Begeisterung über Deutschland landet schließlich bei ein paar strammen Neo-Nazis, die den fliegenden Jungen als neuen Heiland und Führer erkennen. Das die Schlusspointe des aufmerksamen Juden Levy hat die Kanzlerin, die beim gemeinsamen Arzt auch die neue Medizin erhalten wird.

Politisch und absurd erzählt auch Wolfgang Becker („Goodbye, Lenin“), der aus Deutschland ein völlig herunter gekommenes Krankenhaus nach der x-ten Gesundheitsreform macht. Die Phrasen der Deutschland AG liefern die Geistesgestörten, nur einer von ihnen hat Probleme mit seiner Ruck-Rede. Wie schön, dass unser Ober-Rucker Horst Köhler pünktlich zum Filmstart die Ruck-Phrase wieder durch die Medien jagt. Trefflich bis schauerlich dieses Szenario zwischen „Brazil“ und Berliner Kuckucksnest.

Ganz ernst politisch lässt Fatih Akin den Schauspieler Denis Moschitto ein Interview mit dem unschuldigen Guantanamo-Häftling Murat Kurnaz nachspielen. Diese Botschaft bringt ein Zeitungsartikel vielleicht besser rüber. Aber das Nachdenken, weshalb Akin die nüchterne Protokoll-Form wählt, die Romuald Karmakar ähnlich mit „Das Himmler-Projekt“ und „Hamburger Lektionen“ einübte, ist wenigstens auch ein Nachdenken. Karmakar selber liefert einen Knaller ab: Die Gespräche mit einem persischen Dandy, der seit Jahrzehnten in Deutschland einen kleinen Strip- und Sex-Club leitet, sind charmant erzählte Deftigkeiten, die auch eine Facette von Deutschland liefern - das heimliche Leben der feinen Leute.

Selbstverständlich darf nicht unerwähnt bleiben, dass unser Sicherheits-Staat Überwachung mittlerweile als Selbstläufer betreibt und auf jeden Fall irgendjemanden fassen muss, auch wenn dabei das Strafrecht kaltgestellt wird: „Jeder kann zum Terroristen werden!“ Dominik Grafs filmischer Essay blickt wesentlich subtiler auf Architektur im neuen Deutschland und legt über die Fassaden innere Zustände unserer Gesellschaft bloß. Produzent Tykwer bleibt das filmische Meisterstück: Seine Episode um Benno Fürmann als abdrehenden Weltreisenden in Sachen Inneneinrichtung von Luxus-Hotels verhält sich in Schnitt und Inszenierungskraft zum Rest wie damals „Lola rennt“ zur Öde deutscher Beziehungskomödien.

18.3.09

Slumdog Millionär


Großbritannien, USA 2008 (Slumdog Millionär) Regie: Danny Boyle, Loveleen Tandan mit Dev Patel, Freida Pinto, Madhur Mittal 120 Min.

Das ganze Leben ist ein Spiel, und wir sind nur die Kandidaten ... Nie passte diese Weisheit des Zeitalters der TV-Gameshows besser als bei dem großen Abräumer der diesjährigen Oscars. Das bewegte und bewegende Leben eines indischen Waisenkindes liefert ihm genau die Antworten, die es in der indischen Version von "Wer wird Millionär?" braucht. „Slumdog Millionär“ ist großes Kino mit einer grandiosen Geschichte und vielen Blickwinkeln auf das Leben und das Glück.

Eine Frage kann Jamal nicht beantworten: Woher hattest du die Antworten? Selbst als der Polizist ihn mit Stromschlägen foltert, kann der junge Mann keinen Betrug gestehen. Es ist unglaublich, dass da ein Tee-Kellner aus der Gosse auf dem Weg ist, den Jackpot zu knacken. Und es ist zu hoffen, dass nicht auch bei Günter Jauch die Kandidaten zwischen den Sendungen in einer Polizeizelle landen.

Jamal beginnt auf jeden Fall zu erzählen. Von den Fragen der Sendung und von seinem Leben. Wie er sich genau an eine Hindu-Gottheit erinnern kann, weil eine mörderische Hindu-Horde einst seine Siedlung aus moslemischen Indern überfiel und auch seine Mutter abschlachtete. Die Flucht mit seinem älteren Bruder ist nur der Auftakt einer erschütternden, aber auch immer mit viel Lebensmut beglückenden Odyssee. Schon die nächste Lebensstation erzählt wieder eine heftige Geschichte vom Leben in Indien. Die freundlichen Herren, die Jamal und den Bruder in ein fröhliches Kindcamp mitnehmen, erweisen sich als skrupellose Monster, die Kinder verstümmeln und blenden, damit sie besser betteln können. Nur knapp können die Brüder fliehen, um darauf raffiniert und witzig Reisende auszurauben. Dass Jamal dabei nie seine große Liebe aus den Augen verliert, die von den Gangstern prostituiert wurde, und dass die Brüder wegen dieser Frau zu Todfeinden werden, macht klar, wie prall des Lebens dieses großartige Melodram mit Happy End ist.

In jeder Hinsicht hat Danny Boyle mit „Slumdog Millionär“ ein äußerst unterhaltsames Meisterwerk geschaffen. Die raffinierte Form des Erzählens, welche Gameshow und dramatische Lebensgeschichte verknüpft, ist nur der elegante Rahmen. Darin erzählt er mit gut dosierten Mitteln des Bollywood-Kinos, mit berauschenden Farben und Liedern, vom Wandel Indiens, von der Hoffnung und - ganz zentral - von der Liebe.

Dass Danny Boyle nach „Trainspotting“ mit  „Slumdog Millionär“ wieder einen neuen, weltweiten Hit landen wird, war ebenso klar wie sein Oscar für die Beste Regie. Dazu kamen noch Trophäen für Kamera, Schnitt, Musik, Original-Song, Sound-Schnitt und Drehbuch - kurz: Der Beste Film des letzten Jahres. Dass sich in Indien jetzt kritische Stimmen erheben, der Film würde das Elend ausbeuten oder hätte eine verzerrte Wahrnehmung, solche Trittbrettfahrer gehören zu solchen Erfolgen. Aber man kann sich tatsächlich auch viele Gedanken zum Film machen, wenn die große Begeisterung langsam abklingt.

Rock'N'Rolla


Großbritannien 2008 (RocknRolla) Regie: Guy Ritchie mit Gerard Butler, Tom Wilkinson, Thandie Newton 114 Min. FSK:    ab 16

Schlecht gelaunte Kerle, die echt in der Patsche sitzen. Nein, wir reden hier nicht von der Selbsthilfe-Gruppe für frische geschiedene Ex-Partner von Popstars. Guy Ritchies Markenzeichen sind seit "Bube, Dame, König, grAs" und "Snatch" die harten Jungs. Und die etwas sympathischeren, die aus erst witziger Doofheit in einem ganz großen Schlamassel landen. Dass bei dem zeitweilig unübersichtlichen Gangster- und Gewalt-Reigen die Russen ganz England aufkaufen wollen, hat sicher wieder mit der vielen Zeit zu tun, die frisch geschiedene Männer mit Fußball vor dem Fernseher verbringen...

Es dauert eine Weile, bis die Figuren für die immer schneller werdenden Verstrickungen in der Londoner Unterwelt aufgebaut sind. Aber es sind - wie es sich für solche komischen Krimis gehört - alles sehr witzige und coole Typen. Das vertreibt die Zeit und macht den Spaß an Ritchie-Filmen aus.

Hier fallen erst zwei dumme Jungs auf den Paten von London Lenny Cole (Tom Wilkinson) rein und müssen ihm sieben Mio. Pfund zurückzahlen - die sie nie hatten. Dass der kleine Gauner One Two (Gerard Butler) und sein Kumpel Handsome Bob das Geld ausgerechnet vom neuen Geschäftspartner Coles klauen, gehört zu den Raffinessen der Story. Und weil der beraubte Russe Obomavich Cole ein wertvolles Gemälde lieh, das selbstverständlich unerklärlich verschwindet, hat schließlich jeder eine Handvoll Probleme und einen Kofferraum voller Waffen.

Obamavich klingt ganz eindeutig nach Abramovich, dem Besitzer vom FC Chelsea und Ballack, da brauchte man den schwerreichen und brutalen Gauner nicht in ein Fußballstadion zu setzen. Zu vermuten ist auch, dass der Brite Guy Ritchie irgendwie angepisst ist, weil da ein Russe die gute alte Premiere League kräftig aufmischt. Aber das ist Fußball, das ist Nebensache.

Wie vor allem die sympathische Gaunertruppe um One Two sich da durchwurschtelt, wie Tom Wilkinson grandios den Niedergang eines Paten gibt, entschädigt dafür, dass der hervorragend besetzte „Rock’n’Rolla“ lang braucht, bis das Tänzchen los geht. Bemerkenswert ist neben dem durchgehend coolen Styling, dass ausgerechnet die kaputteste Figur am meisten Eindruck macht. Ein Junkie-Poet, der an seiner traumatischen Kindheit fast zugrunde geht. Fast wünscht man sich, der Film hätte sich ernsthafter nur auf ihn konzentriert.

Despereaux - Der kleine Mäuseheld


USA 2008 (The Tale of Despereaux) Regie: Robert Stevenhagen, Sam Fell 94 Min. FSK: ab 6

Klein, aber oho! Das gilt nicht nur für den Held dieser ebenso tollen wie kunstvollen Kindergeschichte. Es gilt auch für das immer noch unterschätzte Genre des Zeichentrickfilms „nur für die Kleinen“. „Despereaux“ ist ein großartiges Kunstwerk und ein tolles Abenteuer.

In einem fernen Zeichentrickland ist der Suppentag ein Feiertag. Der größte Feiertag. Das Volk strömt in witzigen Gemüsekostümen zum Schloss in dessen Küchen ein Meisterkoch seine neue Kreation vollendet. Erwartungsvoll sitzen Königspaar und Tochter vor den Suppenschalen, in die ... die Ratte Roscuro plumpst. Vor Schreck ertrinkt Frau Königin mit dem Kopf in der Suppe, der Herrscher verbietet fortan jede Suppenbereitung und verbannt alle Ratten. Trübsal verdunkelt den Himmel, der trotz Dauerwolkendecke nicht mehr regnen will.

Die ist der Moment für einen Helden, doch das Schicksal gebiert nur kleine Maus. Despereaux ist selbst für kleine Mäuse eine kleine Maus! Aber auch furchtlos, intelligent und neugierig. Also ganz aus der Art geschlagen, was ihm bei dem Mausvolk, dass vor allem Ducken lernt, wenig Freunde bringt. Ihr Problem ist, dass Despereaux keine Angst hat. Dabei gibt es doch so viele wundervolle Dinge auf der Welt, vor denen man Angst haben kann! Es bleibt nicht aus, irgendwann müssen sich Roscuro und Despereaux treffen, zwei kleine Wesen, die ans Licht der Erkenntnis wollen, die lernen und verstehen.

Wie in all diesen CGI-Filmen, den im Computer generierten Bildern, seit „Toy Story“ ist es wieder die kleine Hauptfigur, diesmal die Ratte, die wesentlich realistischer gezeichnet wurde als die Menschen. Ihr Fell und vor ihre die Augen, die herzerweichenden Augen von Despereaux, die wahr machen, dass Animation von Anima kommt, und vom Beseelen redet.

Hinzu kommen - zumindest in der Originalversion - viel schon im Vorspann eindrucksvoll präsentiertes „voice talent“, das den gezeichneten und animierten Figuren Charakter verleiht. Also bekannte Schauspieler wie Dustin Hoffman (Roscuro), Tracey Ullman, Kevin Kline, William H. Macy, Stanley Tucci, Robbie Coltrane, Frank Langella, Christopher Lloyd und Sigourney Weaver als Erzählerin. In der deutschen Version wird das dann - synchronisiert, das heißt entseelt.

Ebenso viel Mühe wie auf die Figuren wurde von den Universal-Animatoren auch auf die Umgebungen verwandt: Da gibt es eine niedliche Mäusewelt aus lauter Resten der Großen. Und die Rattenwelt, die heftig von Hieronymus Bosch (1450-1516) inspiriert ist. Die Bücher, die Despereaux liest, werden in seiner Fantasie lebendig, allerdings schön flächig wie die mittelalterlichen Buchmalereien. Ein Suppengeist sieht aus wie der Gemüsekopf des Malers Giuseppe Arcimboldo (1527-1593). Der Oberschurke im Rattenreich ist ein wahrhafter Nosferatu, der auch auf klassische Vampir-Manier durch das Licht gerichtet wird. Bei so viel großer Kunst, die mit Humor und leicht präsentiert wird, kann sich die rührend und auch mal moralische Geschichte in der ersten Hälfte erlauben, etwas holperig zu starten.

17.3.09

Die drei ??? - Das verfluchte Schloss


BRD 2009 (Die drei ??? - Das verfluchte Schloss) Regie: Florian Baxmeyer mit Chancellor Miller, Nick Price, Cameron Monaghan 97 Min. FSK: ab 6

Die drei ??? - sind mittlerweile nicht allein bekannt aus Büchern und Hörspielen, auch der erste Kinofilm war recht erfolgreich. So war klar, dass auch die Fortsetzung ähnlich ausfällt: Im Kern bieder und behäbig, trotz amerikanischer Abenteuer-Kulisse beschränkt und konservativ.

Die drei Freunde mit detektivischen Neigungen folgen der Spur einer Videobotschaft von Justus' verstorbenen Eltern. So landen Justus Jones, Peter Shaw und Bob Andrews in einem verstaubten Geisterschloss. Die seltsame Erscheinung eines geheimnisvollen Mädchens erweist sich ganz real als Sherifftochter Caroline und auch die anderen Geheimnisse des Hauses, das früher mal als Geisterbahn jobbte, haben nach ein paar kindlichen Schreckmomenten eine ganz technische Erklärung.

Mit etwas Horror-Haus, Slapstick und vielen Technik-Spielereien spult der deutsche Kinderfilm mit synchronisierten, schwachen englischsprachigen Schauspielern sein Unterhaltungsprogramm ab. Dabei sehen die Schauwerte in jeder Werbung besser aus, die Handlung schreitet selten logisch voran und was eigentlich gesucht wird, gerät schnell in Vergessenheit. Das ist zeitweise albern wie Edgar Wallace, aber das können die Kinder gar nicht mehr kennen. Was sie kennenlernen sollen, sind Geisterhäuser, DaVinci-Codes und Indiana Jones. „Die drei ???“ sind weniger kindgerecht als kinogerecht - sie richten die jungen Zuschauer auf die Verkaufserfolge von gestern ab.

10.3.09

Revanche


Österreich 2007 (Revanche) Regie: Götz Spielmann mit Magdalena Kropiunig, Ursula Strauss, Johannes Krisch, Toni Slama 122 Minuten, FSK: ab 12

Es geht um einen Bankraub und eine Tote, doch es ist kein Thriller. Es geht um ein Paar, doch es ist kein Beziehungsdrama. Götz Spielmanns „Revanche“ ist im positivsten Sinne eigenartig. Alex und Tamara reden anfangs ukrainisch. Wie später noch öfter, legt der Film eine falsche Fährte aus. Das innige Paar setzt sich aus einer ukrainischen Prostituierten und einer Hilfkraft aus dem Puff zusammen. Alex will beide aus dem Milieu entführen und dafür eine Bank ausrauben. Doch die Aktion geht schief, ein Polizist erschießt die Frau. Bei seinem entfremdeten Großvater findet der Räuber Unterschlupf, wobei sich die Kreise von Alex und dem Polizisten Robert immer mehr überschneiden, bis Alex eine Affäre mit Roberts Frau Susanne beginnt. Eine ganz besondere Form der Revanche schlingt sich um alle Beteiligten...

Götz Spielmann („Antares“) erzählt mit unaufgeregten Einstellungen, die zwischen Tristesse und Idylle schwanken. In episodischen Momenten erblickt man verschlossene Charaktere und blickt ihnen in die düsteren Seelen. Gut oder Böse, Schuld und Sühne spielen in der eigenen Dynamik dieser ungewöhnlich spannenden „Revanche“ keine Rolle.

Hilde


BRD 2009 (Hilde) Regie: Kai Wessel mit Heike Makatsch, Dan Stevens, Monica Bleibtreu 136 Min.

Sie war einzigartig, ein Unikast, ein Star, aber auch eine Persönlichkeit. Das kann nicht genug betont werden, in Zeiten von untalentierten Niemands, die am Fließband zu „Superstars“ gemacht werden. Dass ausgerechnet ein ehemaliges MTV-Girly den kantigen Star Hildegard Knef verkörpert, kann nur der bemäkeln, der die durchaus eigenwillige Karriereentwicklung von Heike Makatsch verpasst hat. Und so passt es, dass „die Makatsch“ nun „die Knef“ für die Produktionsfirma Egoli Tossell spielt. Denn Heike Makatsch hat dort schon sehr persönliche Filme wie ihr eigenes Buch zu „Schwesterherz“ realisiert.

Schon der Start zur Karriere der Hildegard Knef war schwierig und umstritten: 1943 lässt sie Mutter und den geliebten Großvater im Bombenhagel auf Berlin zurück und zieht in die Villa des NS-Filmbeauftragten. Die Stelle an der Ufa-Filmschule reichte ihr selbstverständlich nicht. Vor den Russen rettete sie sich als Mann verkleidet, vor Hunger, Elend und einer Trümmerbühne rettet sie ein alliierter Offizier und Filmfan, der später als ihr Ehemann unglücklich werden durfe. Vor allem aber protegiert die Produzenten-Legende Erich Pommer (Hanns Zischler) das emporstrebende deutsche Mädel. Gerade der Entnazifizierung entkommen, trumpft Hildegard Knef in dem ersten deutschen Nachkriegsfilm, Wolfgang Staudtes "Die Mörder sind unter uns", auf. Das wechselhafte Verhältnis mit den Deutschen eskalierte anlässlich von "Die Sünderin", in dem man 1951 den Star für ein paar Sekunden nackt sah. Es folgte die Flucht in die USA, Erfolg am Broadway, dann bei bewegtem Privatleben weitere Karrieren als Chanson-Sängerin und Autorin.

Die Makatsch verkörpert den umstrittenen deutschen Star in Gestik, Mimik und sogar ansatzweise mit rauchiger Stimme. Sie schafft es, das Abarbeiten von biografischen Lebensstationen und -wenden mit Leben zu füllen. Denn eigentlich ist die Knef-Karriere ja bekannt, doch dank Makatsch durchleidet man die Qualen einer fragilen Person, die sich nach außen hin sehr rau geben musste.

Grimme-Preisträger Kai Wessel („Die Flucht“) erzählt das beeindruckende Leben der beeindruckenden Frau mit starken Momenten als Nazi-Liebling und im Überlebenskampf zu Kriegsende. Die Karriere von „Die Mörder sind unter uns“ über die vermeintliche Skandal-Produktion „Die Sünderin“ bis zu ihrer Karriere als Sängerin hat zwar Längen, auch nervt die Musik fast durchgängig, doch man folgt dem Auf und Ab dieses Lebens mit Interesse und gerne.

The Fall


Indien, Großbritannien, USA 2006 (The Fall) Regie: Tarsem Singh mit Catinca Untaru, Justine Waddell, Lee Pace, Kim Uylenbroek 116 Min. FSK ab 12

Es gibt bebilderte Geschichten und es gibt richtiges Kino. „The Fall“ ist grandioses, üppiges, überwältigendes Kino, das entführt, erhebt und beglückt. In Bildwelten, die Regisseur Tarsem Singh über viele Jahre sammelte, entspinnt sich eine beziehungsreiche Geschichte, ein betörend schöner, stiller Kampf um Leben und Tod...

Im Los Angeles der 1920er-Jahre blühen Orangen und Filmindustrie um die Wette. Das kleine rumänische Mädchen Alexandria brach sich bei der Ernte den Arm und entdeckt im Krankenhaus nun den Stuntman Roy Walker, der nach einem Sturz querschnittsgelähmt ans Bett gefesselt ist. Die beiden verstehen sich in Roys Geschichten - aus ihrem Namen erhebt sich der Große Alexander und kämpft sich mit einer Handvoll Männer ohne einen Tropfen Wasser durch eine riesige Wüste. Aus der Kiste voller Erinnerungsstücke, die Alexandria immer mit sich herumträgt, macht sich der Elefant auf, fünf tapfere Helden von der Schmetterlingsinsel zu retten. Den Piraten und seine Freunde eint der Hass auf den grausamen Gouverneur, der sie alle zutiefst verletzt hat und den sie nun gemeinsam jagen werden.

Allein die Schönheit eines schwimmenden Elefanten, atemberaubender Wüsten-, Berg- und Stadt-Landschaften würden für einen grandiosen Film reichen. Viele Jahre war Tarsem Singh für seine fantastische Weltreise unterwegs, in Bali, auf der chinesischen Mauer, am Taj Mahal. Manchmal dauern die Aufnahmen nur Sekunden, aber welch einen Bildrausch ergeben all diese erlesenen Sekunden. Es gab wohl kaum ein Werk in der Filmgeschichte, das derart durchgehend eindrucksvolle und einzigartig komponierte Aufnahmen zeigt. Es gab „The Cell“ vom gleichen Autor mit ähnlichen Aufnahmen, aber auch mit Jennifer Lopez und einer seltsamen Psycho-Mörderhandlung.

Nun baut Tarsem Singh mit diesen Bildern beeindruckend, aber auch subtil eine vielschichtige Fabel auf. Denn mit den Geschichten, die Roy jeden Tag fortführt, pervertiert er das Erzählen zum (Über-) Leben von Scheherazade aus „1001 Nacht“. Roy erzählt, damit Alexandria ihm den Tod bringen soll. Zu schwer ist der Verlust seiner Liebe an einen eitlen Schauspieler und die Folge des verunglückten Stunts für die Geliebte. Doch auch die kleine Alexandria spinnt in und an den Geschichten aus einer dunklen Seelennacht mit, sie braucht den großen Reiter und Ritter, den Freund, um ihre Ängste und traumatischen Erinnerungen zu überwinden.

Da Tarsem Singh diese Geschichte erzählt, die ähnlich auch von Terry Gilliam hätte sein können, ist die psychologische Grundstruktur mit surrealen Seelen- und Weltlandschaften verwoben, rollen die Apfelsinen immer wieder durch die Handlung, wie auch Pferde und alle anderen Motive aus der Schatzkiste des Kindes nie verloren gehen. Unbeschreiblich bleibt dabei die Fantasie des Film-Erzählers, wenn etwa ein Magier aus einem Baum wächst, eine giftige Karte verschluckt, die ihm darauf auf den Leib gezeichnet erscheint, während ein Chor wie in „Baraka“ ein Bestattungsritual aufführt. Diese Momente sind zahllos, wie die Landschaften mit ihrer fantastischen Tiefe. Die fantastischen Figuren hingegen wirken manchmal etwas zu flach, was zwar der Komik dient, aber die emotionale Verbundenheit stört. In der Binnengeschichte, wohlgemerkt. Dem Wunsch des kleinen Mädchens hingegen kann man sich nicht entziehen: Du darfst nicht aufhören zu erzählen, du darfst mich nicht allein lassen.

„The Fall“ ist ein Remake des bulgarischen Films „Yo Ho Ho“ von Zako Heskija aus dem Jahre 1981, allerdings auch ganz und gar ein Tarsem Singh. Erwähnenswert dabei noch, dass der Regisseur eine besonders dramatische Operationsszene durch die Puppen der deutschen Brüder Lauenstein spielen lässt, die für „Balance“ einen Oscar erhielt.

Shopaholic


USA 2009 (Confessions of a Shopaholic) Regie: P. J. Hogan mit Isla Fisher, Hugh Dancy, Krysten Ritter 104 Min. FSK: o.A.

In einer üppig und attraktiv ausgestatteten Hollywood-Produktion das Thema Kaufsucht zu behandeln, ist ungefähr so widersprüchlich wie Bootsflüchtlingen Luxusjachten anzubieten oder Edelrestaurants in den Hungergebieten der Welt zu eröffnen. Soviel zur Ernsthaftigkeit des „Themas“. Der Rest dieses Kino-Kauftrips ist Unterhaltung von der Stange. Etwas Romantische Komödie, etwas Märchen von Karriere und Erfüllung. Schön, dass dabei gleich die ersten beiden Bände von Sophie Kinsellas Büchern über Shopaholic Becky Bloomwood verwertet wurden. So bleiben nur noch drei, um das Kino mit dem Immer-Gleichen zu verstopfen.

Rebecca Bloomwood (Isla Fisher) ist kaufsüchtig, hat furchtbar viele Schulden und quetscht auch die letzte Kreditkarte bis zur Sperre aus. Deswegen muss ein besserer Job her - in Zeiten, in denen ein bis zwei Menschen gerne überhaupt einen Job hätten, sagt der Film hier ganz laut: Mädchen-Märchen! Oder: Märchen-Mädchen! Wie in der Fabelwelt trifft Rebecca ihren Prinzen dann am Hotdog-Stand auf den Straßen New Yorks. Der Chefredakteur (Hugh Dancy) einer Wirtschaftszeitschrift wird auch ihr neuer Büro- und Herzens-Chef. Doch das Dummchen muss erst mal schreiben lernen und dann begreifen, dass Konsum nicht alles ist. Ob Rebecca nach erstem Erfolg und schwerer Krise ihren Prinzen bekommt? Das fragt sich eigentlich keiner mehr, weil das Popcorn sich mittlerweile bis ins Gehirn aufgebläht hat.

Der rosarote Panther 2


USA 2009 (Pink Panther 2) Regie:    Harald Zwart mit Steve Martin, Jean Reno, Alfred Molina 92 Min.

Eigentlich hätte die Widerbelebung des „Pink Panther“ mit Steve Martin nach dem erbärmlichen ersten Film ein schnelles, gnädiges Ende haben müssen. Doch da Erfolg im Kino ja selten etwas mit Qualität zu tun hat, mutet man uns die Klamotte ein weiteres Mal zu. Mit ein paar hellen Einsprengseln.

Nichts gegen den „Rosaroten Panther“ - mit Peter Sellers war die Serie ebenso populär wie komödiantisch genial. Mit Steve Martin wurde der Panther nur platt. Diesmal klaut ein Meisterdieb reihenweise Kunstschätze und selbstverständlich auch wieder den Diamanten „Pink Panther“. Inspektor Clouseau (Steve Martin) sorgt als Mitglied eines Dream Teams der weltweit besten Ermittler nur für Chaos und löst trotz angeborener Dämlichkeit am Ende wieder den Fall.

Das Dream Team von Inspektoren erinnert schmerzlich an die „Leiche zum Dessert“, die uns Robert Moore 1976 mit Truman Capote, Peter Falk, Alec Guinness, David Niven, Peter Sellers (damals als chinesischer Detektiv Sidney Wang) und Maggie Smith auftischte. Eine verrückte Geschichte um berühmte Detektive, unter denen sich ein Mörder befand. Diesmal entdeckt man im Dream Team kurz Andy Garcia, der seine Familienzugehörigkeit zum „Paten“ parodiert. Diese Nebenrolle zeigt allerdings auch den wesentlich besseren Komödianten, denn Garcia agiert zurückhaltend, wenn er Clouseau seine Sekretärin ausspannt. Selbst John Cleese hat als Clouseaus Vorgesetzter merklich keinen Spaß am grobschlächtigen Grimassieren.

Das Hauptärgernis Steve Martin findet kein Maß zwischen völlig überzogenem Aktieren und extrem überzogenem Schauspielen. Zudem nervt sein dämlicher Dialekt, der immer unerträglicher und nie witzig wird. Die platte Komödie begann allerdings überraschend schnell und legte direkt ein paar originelle Szenen nach, etwa das Sich-Beschnüffeln der beiden besten Analytiker der Welt. Vor allem im so wichtigen Aufbau komischer Szenen hat der Panther etwas hinzugelernt, die albernen und platten Scherze konnte man ihm leider nicht abgewöhnen.

4.3.09

Jim Jarmusch Arthaus Close-Up DVD

Jim Jarmusch Vol. 1 - Arthaus Close-Up (3 DVDs, OmU)
Jim Jarmusch Vol. 2 - Arthaus Close-Up (3 DVDs, OmU)

USA/Deutschland 1984-1989
Regie:     Jim Jarmusch

Es ist etwas still geworden um Jim Jarmusch, doch als es noch Programmkinos gab, war der unabhängige Amerikaner ein Publikumsliebling mit seinen Filmen. Nun veröffentlicht Arthaus in zwei Paketen insgesamt sechs Filme von Jarmusch, zudem gibt es reichlich originelles Bonusmaterial. „Stranger Than Paradise“, „Down by Law“ und „Mystery Train“ waren die ersten Erfolge aus den Achtzigern, die im ersten DVD-Päckchen versammelt sind. Die zweite Edition enthält „Night on Earth“, „Dead Man“ und „Ghost Dog - Der Weg des Samurai“. Immer wieder hatte Jarmusch bekannte Stars und Musiker im Boot, einiges von ihnen ist auch bei den Bonusfilmen, Musikvideos, Interviews und Telefonaten zu entdecken, die das übliche Bonusmaterial ergänzen.

Die Reise zum Mittelpunkt der Erde


USA 2008 (Journey to the Center of the Earth) Regie: Eric Brevig mit Brendan Fraser, Josh Hutcherson, Seth Meyers 92 Min. FSK: ab 12

Hatte der Visionär und Science Fiction-Autor - so darf man wohl heute sagen - Jules Verne eigentlich auch eine frühe Vision von 3D-Kino? Der Film „Die Reise zum Mittelpunkt der Erde“ beantwortet das am Rande, aber Jules Verne hatte vor allem Fantasie und die erwies sich über die Jahrhunderte als stärker als alle technische Sperenzchen.

„Die Reise zum Mittelpunkt der Erde“ wurde zuerst 1959 mit James Mason in der Hauptrolle verfilmt. Ein fantastischer Stoff, eine Goldader an aufregenden Szenen und Szenerien, für die sich das Kino wunderbar als Abenteuerspielplatz eignete. Mit neuen technischen Verfahren wie Rückprojektion oder Bluebox erlebten die Fantasien immer wieder neue Gestalten. Nun - wieder mal sensationell neu - gibt es eine 3D-Version, die nicht als Jahrmarktsattraktion daher kommt, sondern die ganz normalen Kinos angeht. Die Kinos, die bereits einen digitalen 3D-Projektor haben. Wer noch 2D sieht, wundert sich über albernes Verhalten und eine flache Handlung.

Der Wissenschaftler Trevor Anderson (Brendan Fraser) ist nicht mal ein Fachidiot, man wundert sich, was dieser Mensch überhaupt kann. Völlig verpeilt verbringt er das Wochenende mit seinem pubertären Neffen Sean. Zwar können die beiden erst gar nicht miteinander, doch dann müssen sie ein extremes Abenteuer überstehen. Auf den Spuren von Trevors Bruder und Sean verstorbenem Vater geht es nach Notizen in einer Kopie von Jules Vernes’ Roman „Die Reise zum Mittelpunkt der Erde“ eben dorthin. Mit Einstieg in Island und Auswurf durch den Vesuv. Auf der Strecke liegt irgendwo der „Jurassic Park“, denn nicht nur ein unterirdisches Paradies gilt es zu bestaunen, auch prähistorische Wesen, die man seit vielen, vielen Monaten nicht mehr im Kino gesehen hat.

Das infantile Familienabenteuer liefert eine dünne Geschichte und vor allem optische Spielereien. Man sieht auch in der 2D-Version, welche Effekte besonders auf Tiefenwirkung angelegt sind. So werden immer mal wieder werden Gegenstände in Richtung der Kamera gehalten oder ein Jojo fliegt dem Fokus entgegen. Demonstrativ vorgezeigt wird nicht nur Jules Vernes’ Roman, sondern auch eine stereographische Brille aus der Vorzeit. Aus dem Kabinett der Jahrmarkts-Attraktionen stammt ebenso der „Ride“, die filmische Achterbahnfahrt in einer verlassenen Grube.

Brendan Frazer nimmt man den Wissenschaftler nicht ab, er spielt eine Figur ohne viel Substanz. Damit passt er hervorragend in den Film, denn immer wieder ist deutlich zu sehen, dass die Schauspieler hilflos im Nichts agieren. Klar, denn die Landschaften, Tiere und Pflanzen wurden digital erst nachträglich um sie herum konstruiert. Zwischendurch fügt das Filmchen vorgeblich ein paar Lerneinheiten in Sachen Physik oder Geologie ein. Dabei ist die Frequenz an unlogischen oder unsinnigen Elementen noch höher als die der Witze und Action-Einlagen.

Momentan sorgt die Entwicklung dafür, dass es eine erste und eine zweite Kinowelt gibt: In den USA, wo genügend 3D-Kinos vorhanden sind, lief „Die Reise zum Mittelpunkt der Erde“ bereits im Sommer 2008 an. Für uns bleibt eine verspätete Restverwertung.

Dieser Film, der erst sehr breit in 3D-Kinos startete, lässt einen mit der angeblichen Zukunft des Kinos vermeintlich in die Vergangenheit schauen. Solche eine Zukunft mit Zwitterfilmen zwischen 3D und 2D scheint allerdings nicht besonders rosig. Es würde sicher einige Jahre dauern, bis sich der 3D-Filmen von seinen Vorzeige-Albernheiten emanzipiert. Ernsthafte Inhalte gerade so noch weiter in den Hintergrund.

Gran Torino


USA 2008 (Gran Torino) Regie: Clint Eastwood mit Clint Eastwood, Ahney Her, Bee Vang 116 Min. FSK: ab 12

Ein Oldtimer zwar, aber noch glänzend in Schuss: Clint Eastwood griff wieder einmal zu Kamera und Waffe. Als grimmiger Korea-Veteran wandelt er sich vom rassistischen Einzelgänger zum Freund seiner koreanischen Nachbarn. Ein Lehrstück vom alten Meister, ein ergreifender, weiser und auch immer wieder komischer Film.

Es ist vor allem dieser Blick, der Walt Kowalski (Clint Eastwood) ausmacht: Ein sehr grimmiger Blick. Voller Verachtung blickt er auf die Trauergäste, auf die eigenen Familienmitglieder, die seine Frau zu Grabe tragen und schon auf sein Erbe schielen. Wie der ehemalige Soldat Kowalski erst auf seine koreanischen Nachbarn schaut, ist unbeschreiblich. Einst hat er eine Medaille im Korea-Krieg gewonnen. Nun wissen seine Enkel nicht mehr, wo Korea ist und der Sohn fährt ein koreanisches Auto. Klar, dass Kowalski da dauernd sehr verachtungsvoll ausspuken muss. Er und die Alte von nebenan verstehen sich nicht, schon weil er englisch und sie koreanisch redet. Aber das mit dem Spuken kann auch sie.

Alles ändert sich, als der Nachbarsjunge Tao, ein stiller Teenager, zuerst versucht, Kowalkis Oldtimer namens Gran Torino zu stehlen und dann fast von einer koreanischen Gang entführt wird. Das ist der Moment, in dem der Korea-Kriegsveteran Mr. Kowalski wieder zum Gewehr greift. Von nun an bringen die Ladies aus der Gegend täglich Blumen und Essen an seine Haustür. Seine Abwehr kann den guten Gerüchen nicht lange widerstehen. Kowalski ist einer, der anpackt und Sachen in Ordnung bringt. So bringt er auch die Nachbarschaft in Ordnung. Mit Hilfe des bei ihm zur Arbeit zwangsverpflichteten Tao, zu dem der alte Mann langsam eine Freundschaft entwickelt.

Walt war scheinbar Rassist, hatte treffende Schimpfworte für alle Bevölkerungsgruppen parat. Allerdings auch für seine italienischen und irischen Freunde. Dass er selbst polnischer Abstimmung ist, nimmt dem Ganzen die Schärfe. Nun öffnet ihm vor allem Taos selbstbewusste und kluge Schwester Sue die Augen. Der Teenager gibt ihm eine Geschichtslektion, erklärt, dass ihr Volk auf der Seite der amerikanischen Armee gekämpft hat und deswegen nach der US-Niederlage auswandern musste. Auch dass man die Menschen vom Volksstamm der Mong nicht an den Kopf fassen oder in ihre Augen blicken sollte, lernt er noch. Sue weiß ihn zu packen, nimmt seine rassistischen Bemerkung schlagfertig auf ... nennt ihn frech Wally.

„Schon mal bemerkt, dass man irgendwann jemanden trifft, mit dem man sich nicht anlegen sollte?“ Eastwood liefert in seinem doppelten Einsatz als Regisseur und Hauptdarsteller wieder Sprüche aus „Dirty Harry“-Zeiten, aber sein Walt Kowalski ist auch witzig. Und der Film ist herrlich und herzlich komisch, nicht in dem Zusammentreffen der Kulturen und Lebensweisen, sondern darin, wie sich eigensinnige und manchmal sehr dickköpfige Menschen auf einander einlassen. Dass alles in einem Drama endet, liegt in der Natur der Verhältnisse draußen auf den Straßen.

Der einstige Low-and-Order-Kämpfer und Gewalt-Cop „Dirty Harry“ weicht hier dem weisen alten Mann, der vom Töten schrecklich traumatisiert ist. Eine tapfere und traurige Gestalt. Ein melancholischer, aber auch mutiger und Mut machender Film, er für viele Gegenden in dieser Welt Stellung dazu bezieht, wie man an den urbanen Frontlinien der sozialen und ethnischen Kriege überleben kann.