30.7.07

Der Date Profi


USA 2006 (School for Scoundrels) Regie: Todd Phillips mit Jon Heder, Billy Bob Thornton
 
Ärgerlich ist vor allem der Titel dieser braven und unauffälligen Komödie: Es geht in erster Linie gerade nicht um die "Dates", um Romantisches oder Paariges beim unsicheren Verlierer Roger ("Eisprinz" Jon Heder). Aber vielleicht hatten auch die Titelübersetzer genug vom Deppen-Humor.
 
Nach bekanntem Schema will Roger bei Dr. P (Billy Bob Thornton) und dessen "Schule für Schurken" (so der Originaltitel) sein Selbstbewusstsein aufmöbeln. Dabei ist der kleinlaute Parkuhren-Wächter weit davon entfernt, ein Schurke zu sein. So zahlt Roger Kunden schon mal die Strafzettel aus eigener Tasche, bevor er eine Panikattacke bekommt oder komplett ausgenommen und ausgezogen wird. In Dr. P's Klasse macht man sich zuerst weiter über Roger und andere Versager her. Beim Paintball-Gefecht und im Alltag erweist sich der ungeschickte Jüngling jedoch schnell als Einäugiger unter den Blinden. Was ihn zur Hauptzielscheibe des zwielichtigen Dozenten Dr. P macht: Der erobert Rogers Traumfrau noch bevor die Nachbarin das konkurrierende Interesse des schüchternen Tollpatsches bemerkt.
 
Gemäßigt ist so ziemlich alles in diese mäßigen Spaß, der im besten Falle "wie ..." ist. Das Duell von überlegenem, aber deutlich wahnsinnigem Lehrer und peinlich harmlosen Trottel gelang ganz selten so gut wie "Die Wutprobe" mit Jack Nicholson und Adam Sandler. Die hinterhältigen Aufgaben, die aus Weicheiern echte Siegertypen machen sollen, sind nie so gemein wie vergleichbare Ben Stiller-Filme. Diese wirken zwar auch nicht intelligenter, aber wesentlich frecher und dadurch spaßiger.

25.7.07

Dunkelblaufastschwarz


Spanien 2006 (azuloscurocasinegro) Regie: Daniel Sánchez Arévalo mit Quim Gutiérrez, Marta Etura, Antonio de la Torre, Héctor Colomé, Raúl Arévalo, Eva Pallarés, 105 Min.
 
Mauern. Panzerglasscheiben. Gitterstäbe. Irgendwas trennt immer in diesem jungen spanischen Film. "Ich will nicht das Gefühl zu haben, dass was dazwischen steht, zwischen mir und dem was ich will", meint Jorge, gibt Gas und wird eine dieser Barrieren durchbrechen. Was sich danach verändert, bleibt in der Schwebe, ist vielleicht nur eine Nuance im "Dunkelblaufastschwarz" dieser still und schön ruhig beobachteten Lebensstimmung.
 
Zu Beginn trennt eine Mauer das Gespräch zwischen Vater und Sohn Jorge (Quim Gutiérrez). Die Szene wurde vom merkenswerten Nachwuchsregisseur Daniel Sánchez Arévalo reizvoll senkrecht von oben mit einem "Topshot" aufgenommen, wie der ganze Film in der Realität Madrilener Silosiedlungen reizvolle Stilisierungen findet. Der Junge will nicht den Hausmeisterjob des Vaters erben, will weg. Doch der in diesem Moment zuschlagende Schlaganfall des alten Mannes verhindert diese Pläne. Sieben Jahre später pflegt Jorge den Vater und macht dessen Job an den Mülltonnen, die sich immer wieder ins Bild drängen.
 
Derweil versucht Jorges Bruder Antonio in der Theatergruppe des Gefängnisses eine Spielpartnerin zu schwängern. Paula will über die Mutterstation den prügelnden Zellengenossinnen entkommen, Antonio glaubt an Liebe. Trotzdem muss Jorge einspringen - der große, raue Machobruder ist unfruchtbar. Während Jorge mit Paula schläft, liebt er seine Nachbarin...
 
Die Gefängnisse des eigenen Lebens, Wünsche und Träume sorgen für mehr als eine eigentlich unmögliche Situation. Mit sanfter Melancholie, mit der Stimmung des "dunkelblaufastschwarz" verläuft die ruhige Entwicklung. Nur einer der prägnanten Figuren gelingt es, scheinbar gut und anders aus dem Gefängnis zu entkommen: Die neuen Mauern wirken friedlich und liebevoll. Neben dem (Farb-) Ton der Erzählung faszinieren die Darsteller, vor allem der Kino-Debütant Quim Gutiérrez in der Hauptrolle. Beim Spanischen Filmpreis 2007 gab es einen Goya dafür, sowie für den "Bester Nachwuchsregisseur" Sánchez Arévalo und den "Besten Nebendarsteller" Antonio de la Torre (Antonio).

24.7.07

Die Simpsons


USA 2007 (The Simpsons Movie) Regie: David Silverman mit den Stimmen von: Dan Castellaneta/Norbert Gastell (Homer Simpson), Julie Kavner/Anke Engelke (Marge Simpson), Nancy Cartwright/Sandra Schwittau (Bart Simpson)
87 Min. FSK: ab 6
 
Ein völlig flacher Film! Zeichentrick und das auch noch im veralteten 2D-Verfahren. Trotzdem hat "Die Simpsons - Der Film" mehr Figuren-Tiefe, Zitat-Ecken und spöttische Kanten als viele Realfilme. Und funktioniert spielend wie spaßig bei Fans und dem Rest der Welt.
 
Die am längsten laufende US-Zeichentrickserie kommt ins Kino. Üblicherweise wird das ziemlich übel, den wenigsten Serien gelingt der Sprung von TV-Folgen auf "abendfüllendes" Format. Die 22-minütigen Simpsons-Episoden laufen seit 1989 im US-Fernsehen, über 400 kleine Meisterwerke in 18 Staffeln begeistern durch frechen Spott, genial umgesetzte Medienzitate und prominente Gastauftritte. All das bietet auch die Langversion, Gags im Affentempo, dazu große Gefühle, Leidenschaften und riesige Donuts...
 
Erstaunlich, wie viel episches Potential in den gelben Zeichentrick-Figuren steckt, die ja wahrlich seltsam aussehen, wenn man einen Schritt zurück aus der Fan-Position tut. Jetzt darf Homer Simpson, der sympathischste dämliche Familienvater der Welt, seine Lieben und das ganze Örtchen Springfield am Ende eines großen Dramas retten. Allerdings hat er seinen Mitbürgern vorher auch eine ökologische Katastrophe eingebrockt und Monster der Umweltverschmutzung hervorgerufen. Eigentlich ein Klacks für den Kontroll-Aufseher eines Kernkraftwerks, der in jedem Vorspann etwas Uran in die Kanalisation wirft. US-Präsident Schwarzenegger lässt daraufhin ganz Springfield mit einer undurchdringlichen Glaskuppel versiegeln. Die Simpsons fliehen nach Alaska, kehren aber zurück, als die Regierung beschließt, ihre Heimat mit einer Bombe komplett auszulöschen.
 
Zuerst lacht man, lacht, lacht und dann ist der Film schon fast rum. Angefangen mit einer ausführlicheren Version des bekannten Vorspanns, in dem Bart diesmal an die Tafel schreibt "Ich darf diesen Film nicht illegal aus dem Internet laden ...", prasselt der Witz noch dichter aufs Publikum als in der Kurzform. Die Spannweite des Humors reicht vom Slapstick, wenn Bart, die personifizierte Gemeinheit hämischer Jungenstreiche, rasant und nackt durch die Gegend skatet, bis zu selbstreflexiven doppelten Böden: Homer fragt sich gar nicht so dumm, weshalb er Geld für ein Kinoticket zahlen soll, wo es die Simpsons doch umsonst im Fernsehen gibt.
 
Vielleicht weil die "Simpsons" spielend und äußerst vergnüglich auf fast 90 Minuten kommen, indem sie alle ihr kleines Drama erleben: Die hochintelligente Tochter Lisa kümmert sich nicht nur um die Umwelt (und parodiert dabei Al Gore), sie darf sich auch verlieben! Bart wünscht sich einen besseren Vater und Homer hat eine Epiphanie - selbstverständlich meint er, das sei was zum Essen. Wenn angesichts des Weltenendes die Kirchgänger in Moe's Kneipe stürmen, während dessen Stammgäste plötzlich Gottes Trost suchen, springen einem aus nichtigen kleinen und flachen Bildern sogar philosophische Geistesblitze an. So erweitert "Simpsons - Der Film" das Erfolgskonzept der Serie nicht nur zeitlich sondern auch äußerst gekonnt dramaturgisch wie humoristisch.

Transformers


USA 2007 (Transformers) Regie: Michael Bay mit Shia LaBeouf, Tyrese Gibson, Josh Duhamel 143 Min. FSK: ab 12
 
Man nehme ein Spielzeugauto, drehe etwas an seinen Teilen herum und aus einer Handvoll billigem Plastik mit ein paar blechernen Scharnieren entsteht ein millionenschwerer Spielfilm mit über zwei Stunden Lauflänge. Klingt unmöglich, wird aber sicher ein grandioser Erfolg. Denn das Konzept der Transformers, der kleinen Autos, die sich in große Roboter, Comics und Zeichentrickfilme verwandeln, ist weltweit so beliebt, dass es nicht eines Michael Bay ("Pearl Harbor", "Armageddon", "The Rock", "Bad Boys") bedurft hätte, um eine neue große Tüte Pop-Corn-Unterhaltung über die Kinos auszuschütten.
 
Der Kinderfilm "Transformers" hat wie seine inspirierenden Vehikel zwei Formen: Harmlos wie ein billiges Teenie-Filmchen kommt die Geschichte vom blassen Schüler Sam Witwicky (Shia LaBeouf) daher, der statt seines ersten Autos den außerirdischen Riesenroboter Bumblebee in Form einer schrottigen, gelben Angeberkiste ersteht. Was "Herbie 2" werden könnte, erzählt vom finalen Kampf zweier hoch entwickelter Zivilisationen aus fernen Galaxien, der sich ausgerechnet auf der Erde abspielt. Zu dem dabei massiv scheppernden Blech passt hervorragend die martialische Militärwerbung, die den Rest des Films trägt: Die erschütternde Landung der heftig in und um sich rotierenden Metall-Aliens dient der US-Armee wieder mal als Gelegenheit, loszuschlagen. Doch im Film weiß sie wenigstens, wer die guten Roboter sind, und sorgt beim Crash der Titanen für die notwendigen Knalleffekte.
 
Obwohl es trotz der Produktions-Millionen deutlich in den Gelenken zwischen diesen beiden filmischen Stimmungslagen knarrt und klemmt, gelangen die Verwandlungen der Transformers in Autos, Düsenjets, Citröen-Werbung oder Uhren-Radios atemberaubend, die Riesen-Roboter auch visuell gigantisch. Ihr dramaturgisches Potential blieb allerdings winzig und ermüdend, in der Schauspielabteilung zeigt nur John Turturro mehr als erschreckend flache Routine. Denn die Autoren und die Zauberer der digitalen Effekte verließen sich auf die Überzeugungskraft von "Größer, Lauter, Mehr". Das Ergebnis ist ein großer Haufen Action-Schrott. Ein eindrucksvoll großer Haufen. Dessen erschreckende Leere mitten in der finalen Zerstörungsorgie seltsame Gedanken aufkommen lässt: Hätten all die Tricktechniker mit ihrer Zeit nicht Sinnvolleres anfangen können? Blumen gießen, einem alten Menschen über die Straße helfen oder den Schreibtisch aufräumen?

17.7.07

Sterben für Anfänger


USA, BRD, Großbritannien 2007 (Death at a Funeral) Regie: Frank Oz mit Jane Asher, Ewen Bremner, Peter Dinklage 91 Min. FSK: ab 6
 
Witze über das Sterben sind nicht komisch - zumindest nicht in der grottenschlechten Möchtegern-Komödie "Sterben für Anfänger": Die Trauerfeier für Daniels Vater versammelt ein armseliges Komödienarsenal. Ein Verlobter der Familie schluckt statt der Beruhigungspillen heftige Drogen und sorgt mit seinem Trip fortan krampfig für dumme Gags. Der Großvater wird mitsamt griesgrämigem Dauermeckerns in die Szenerie gerollt und ein Zwerg will die Familie mit schlüpfrigen Fotos des Verstorbenen erpressen. Das schlecht konstruierte Chaos verläuft sich auch dramaturgisch auf ausgetretenen Pfaden. Ein ganz schlechter Scherz - totlachen wird sich hier niemand.

Next


USA 2007 (Next) Regie: Lee Tamahori mit Nicolas Cage, Julianne Moore, Jessica Biel 96 Min. FSK ab 12
 
Demnächst in diesem Kino ...
 
Selten war Werbung wahrer als in diesem Spruch: Was "demnächst" passiert, kann Chris Johnson (Nicolas Cage) schon jetzt wissen! Wenn er sich konzentriert, sieht er die nächsten zwei Minuten klar wie im Film vor sich. Und das gibt es nicht beim Optiker, das hatte Chris schon als Kind. Ganz praktisch, wenn man als Magier in Vegas arbeitet. Doch der durch schmerzliche wissenschaftliche Tests klug gewordene menschliche Vorspulknopf hält seine Bühnenshow so untalentiert, dass niemand Verdacht schöpft - selbst nicht im Spielcasino, wo Chris mit Vor- und Voraussicht etwas Taschengeld erspielt.
 
Als ihn doch eine kleine Armee von Sicherheitsleuten zwischen Spielautomaten und Roulettetischen jagt, gibt uns der Film "Next" ein choreographisch reizvolles Beispiel von vorausschauendem Handeln: Es ist ein ungleiches Ballet von Verfolgern und Gejagtem, der seinen Häschern immer einen Augenblick voraus ist. Nach dieser schönen und spannenden Show geht die eigentliche Handlung ihren Gang: Die üblichen Verdächtigen haben eine dicke Atombombe in die USA geschmuggelt und FBI-Agentin Callie Ferris (Julianne Moore) glaubt, nur Chris könne mit seinem Blick in die Zukunft das Versteck der Waffe finden. Das merken auch die Bombenleger und eine doppelte Hatz hebt an. Damit das Nächste nicht zu vorhersehbar ist, mischt "Next" noch etwas Romantik hinein: Nur wenn Chris mit Liz (Jessica Biel) zusammen ist, kann er länger als zwei Minuten vorausschauen. So verzaubert der Magier sie und weiß schon vor dem ersten Kuss, dass er wunderbar gewesen sein wird.
 
Der eher gemächliche, aber ästhetisch hochwertig aufpolierte Actionfilm "Next" baut ganz auf den Zwei-Minuten-Clou der Philip K. Dick- Kurzgeschichte "The Golden Man". Der berühmte Science Fiction-Autor
(1928 - 1982) lieferte die Vorlagen zu vielen Filmen, vom "Blade Runner" über Schwarzeneggers "Total Recall" bis zu so skurrilen Werken wie Linklaters übermaltem Realfilm "A Scanner Darkly" mit Keanu Reaves und Robert Downey Jr. Nun darf Nicolas Cage (endlich mit vernünftiger Frisur) "Dick" auftragen und Julianne Moore spielt an seiner Seite wie immer großartig. Die teilweise großartigen Landschaftsaufnahmen und die digitalen Tricksereien der Murmeltier-Momente wurden mit deutschem Filmfonds-Geld ko-finanziert. Dafür darf Thomas Kretschmann ("Der Pianist", "King Kong") in einer bösen Rolle mitmachen. Peter Falk ist merklich gealtert kurz zu sehen.
 
Mit dieser eher nur ausreichend interessanten Umsetzung "Next" setzt Regisseur Lee Tamahori sein profilloses Schaffen fort: Nach dem Aufsehen erregenden, neuseeländischen Sozialdrama "Once were Warriors" (1994) folgten unauffällige Actionfilme ("xXx 2", "Die Another Day", "Im Netz der Spinne"). Da will man nicht unbedingt wissen, was als Nächstes kommt...

Death Proof


USA 2007 (Death Proof) Regie: Quentin Tarantino mit Kurt Russell, Rosario Dawson, Vanessa Ferlito, Jordan Ladd 127 Min.
 
MordsMädchen-Film
 
Tarantinos fünfter Film bringt dummes Teenager-Geschwätz und Serienmorde mit Lust an drastischer Darstellung. Kurt Russel knallt als Stuntman Mike mit seinem Stuntwagen frontal in mehrere Autos junger Mädchen, dass die Körperteile fliegen. Doch dann gerät er an coole Girls, die auch Gas geben können. Das laute, unreife Filmchen könnte höchsten als emanzipiert falsch verstanden werden - doch wenn pubertäre Lautheiten nun von Frauen mit Vollgas "erfahren" werden, ist dies noch lange keine "Frauenpower".
 
Der blutige Kinderkram Quentin Tarantinos, seine fünfte Regie, war in den USA erst als "Double Feature" recht erfolglos: Tarantino und sein Kumpel Robert Rodriguez ("From Dusk till Dawn", "Sin City") inszenierten unter dem Titel "Grindhouse" einen billigen Kinoabend, samt Vorfilm, abgenudeltem Streifen und Filmriss. Zu der "Hommage" anspruchsloser Unterhaltung gehörten die Haupt-Filme "Planet Terror" und "Death Proof", jeweils circa eine Stunde lang. Für den Rest der Welt wurden die filmischen Scherze aufgebohrt und starten nun als dementsprechend hohle Abendunterhaltung eigenständig.
 
"Death Proof" kulminiert nach langem Gequatsche - fast wie in einem französischen Film - zweimal in langen Auto-Karambolagen. Bei der ersten mordet Stuntman Mike (Kurt Russell) nach ein paar Flirts drei Freundinnen. Dann lernen wir einen weiteren Ami-Straßenkreuzer voller Girls kennen. Zwei der Mädels sind Motorfans, die sich lasziv auf Motorhauben räkeln - bei Höchstgeschwindigkeit. Witzig und so emanzipiert. Bis Stuntman Mike wieder vorbei kommt und mit dem Auto der Mädels Karambolage spielt. Das ist grausam und spannend, wenn man sich nicht furchtbar ärgert, dass der Film einen so lustvoll mitmachen lässt. Doch diesmal nehmen die Frauen Rache und hetzen den Todesfahrer...
 
Nachdem sich der Rauch verzogen hat, bleibt nicht viel vom filmischen Schrotthaufen: Frauen, die sich genauso dämlich verhalten, wie ansonsten die Typen solcher Filme. Ein ziemlich dreister Versuch an TV- und Kino-Kult anzudocken sowie ach so coole Tarantino-Sätze: "In meiner Welt braucht meine Muschi ne Knarre!"

11.7.07

Der Italiener


Italien, Frankreich 2006 (Il Caimano) Regie: Nanni Moretti mit Silvio Orlando, Margherita Buy, Jasmine Trinca, Michele Placido, Nanni Moretti 112 Min.
 
Drei Wochen vor den italienischen Parlamentswahlen 2006 kam "Der Italiener" ins dortige Kino und dann war Berlusconi tatsächlich Geschichte. Doch der letzte Moretti, dieser politische wie poetische Film des idealistischen und sympathischen Kämpfers für (Kino-) Kultur, ist mehr als ein kurzlebiges Kampf-Pamphlet. Verwoben mit der Geschichte eines scheiternden Regisseurs und Mannes ist das vergebliche Projekt, einen ernstzunehmenden Beitrag für das Kino zu leisten.
 
"Der Italiener" beginnt aberwitzig überdreht, so herrlich schwachsinnig und klischeehaft, wie die Filme des liebevoll albern gezeichneten Filmproduzenten und Familienvaters Bruno Bonomo (wie immer herzergreifend: Silvio Orlando). Ganz der ewige Verlierer, verliert er nun gleichzeitig Filmstudio und Frau, aber im verkrampften Lachen zuckt es vorerst nur. In seiner Verzweiflung beginnt der Meister hirnloser Unterhaltung die Zusammenarbeit mit einer jungen, engagierten Autorin an "Il Caimano" (Der Kaiman, so der Originaltitel), einem Politfilm über Berlusconi. Abgesehen davon, dass Bruno dabei über viele eigene Schatten springen muss, stellen sich auch ungeahnte Schwierigkeiten in den Weg. Im persönlichen und beruflichen Zusammenbruch kristallisiert sich, dank des hoffnungslosen Filmprojekts ein neuer Bruno heraus...
 
Wie so oft in seinen persönlich engagierten Meisterwerken ("Liebes Tagebuch", "Das Zimmer meines Sohnes") verbindet Nanni Moretti scheinbar einfach Familie, Beruf und Politik. Im Herzen ist "Der Italiener" ein Trennungsfilm mit kleinen, sehr schönen menschlichen Momenten. Bis zum Finale, in dem Moretti in einer genialen dramaturgischen Volte selbst als Berlusconi auftritt und den Film auf den Kopf stellt. In diesem dämonischen Moment wird die Rahmenhandlung selbst zum Film-im-Film und der Kaiman zeigt ein letztes Mal kalt seine Zähne.
 
Im Gegensatz zu Jan Henrik Stahlbergs Guerilla-Film "Bye, Bye Berlusconi" äußert der Regisseur, Schauspieler, Vater, Kinobesitzer, Protest-Organisator Moretti eine kluge und komplexe Medienkritik. Das beginnt mit nett karikierten Reaktionen auf die eigenen Filme und endet äußert nachhaltig mit dem beklemmenden Gefühl, dass mit der Abwahl Berlusconis noch gar nichts erledigt ist...

Clerks II


USA 2006 (Clerks II) Regie: Kevin Smith mit Brian O’Halloran, Jeff Anderson, Rosario Dawson, Trevor Fehrman, Jennifer Schwalbach, Jason Mewes, Kevin Smith, Jason Lee 97 Min.
 
Eine umwerfende Komödie - für alle, die nichts so einfach umhaut. Ein genialer Komödienregisseur, vier sensationell komische und geistreiche Filme in 12 Jahren. Und weshalb ist Kevin Smith nicht längst im Hollywood-Olymp? Weil der wirklich unabhängige Scherzkeks immer wieder herrlich sinnfreien und frechen Spaß mit erwachsenen Lebensweisheiten kombiniert, die ansonsten in viel trockener Umgebung auftauchen. Für alle Uneingeweihten: Kevin Smith ist übrigens auch der Nerd aus "Stirb langsam 4.0", der sich im computer-überfrachteten Keller seiner mütterlichen Wohnung verschanzt.
 
Alles fing in einem Gemischtwarenladen mit angeschlossener Videothek an. Der Verlierertyp Dante Hicks verbrachte dort seine Tage, ganz wie Regisseur Kevin Smith im realen Leben. "Clerks" kostete 1994 nicht mal 30.000 Dollar, enthielt aber für über 50 Millionen gute und witzige Ideen. Zehn Jahre später wurde der Quick Stop aus "Clerks" (in einer klasse ersten Szene) abgefackelt, Dante (Brian O’Halloran) sowie sein erschreckend dämlicher und unkorrekter Kumpel Randal (Jeff Anderson) arbeiten seit einem Jahr im Mooby-Burger-Imbiss in New Jersey. Der reifere Dante befindet sich auf dem Absprung, er folgt seiner Verlobten nach Florida. Zum Abschied lackiert er noch mal die Zehnägel seiner Chefin Becky (Rosario Dawson), die Gespräche mit der sehr guten Freundin sind durchsetzt mit deutlicher Eifersucht und irgendwie ist da mehr ...
 
Kevin Smith ist ein Regisseur und Comic- und Filmfreak, der locker scheinbar pubertäre Anschlägen auf die Lachmuskeln mit erwachsenen Themen kombiniert. Im Meisterwerk "Dogma" spielte sogar Gott mit, es war Alanis Morissette! Nun gibt es wiederum herrlich spritzige Dialoge, religiöse Diskussionen anhand des bevorstehenden Live-Action-Films der "Transformers", noch ernsthaftere Streitereien, was die bessere Film-Reihe: "Star Wars" oder "Herr der Ringe" ("Ein Zwiebelring, sie alle zu finden..."). Aber auch ein Feuerwerk rassistischer Begriffe, ein Go-Kart-Ballett zu "Raindrops Keep Fallin' on My Head" (von Burt Bacharach geschrieben) und Neuigkeiten über den bösen Pussy-Troll, der einen naiven jungen Burger-Wender vom Sex vor dem 21.Geburtstag abhält! Selbstverständlich sind ("The new and improved") die philosophischen Penner Jay and Silent Bob wieder dabei, geben pantomimisch Kommentare ab und legen eine herrlich unmögliche Playback-Nummer hin. Für die Fans spielt Kevin Smith mit seinen eigenen Zitaten, etwa mit Star Ben Affleck beim Kurzauftritt oder tritt selbst als schweigsamer Silent Bob auf. Dabei findet auch eine klasse Romanze im Stile des sagenhaften Liebesfilms "Chasing Amy" Platz - neben Sex mit Eseln. Nein, keine Männer, echte Esel bei zwischen-artiger Erotik!
 
Die ungewöhnliche, aber sehr treffsichere Kombination aus schrankenlosem Blödsinn und etwas reiferen Problemen, gewürzt mit fantastischen Musicaleinlagen, schlägt wieder ein! Am Ende begleitet Alison Morissette mit göttlicher Stimme und "Everything" das Happy End: Dante und Randal - immer noch große Kinder - erfüllen sich ihren Traum und landen wieder da, wo sie angefangen haben. Im Schwarz-Weiß des Quick-Stops von "Clerks".

9.7.07

Harry Potter und der Orden des Phoenix


USA/GB 2007 (Harry Potter and the Order of the Phoenix) Regie: David Yates mit Daniel Radcliffe, Emma Watson, Rupert Grint 138 Min. FSK: ab 12
 
Die Feder ist mächtiger als das Schwert - modernisiert hieße das: Die Zauberstäbe von Harry Potter und Kumpanen sind erfolgreicher als die Lichtschwerter aus "Star Wars 1-6". Wer jetzt mehr Geld macht, oder die Macht mit sich hat, soll hier nicht interessieren. Bedenklich ist allerdings - nach fünf von sieben "Harry Potter"-Filmen, wie weit die Wirkung von kleinen Stöckchen mit Magie reicht. Wie viele Duelle mit einem halben Sushi-Set lassen sich ermüdungsfrei auf die Leinwand bringen? Wann erinnert man sich im action-festen Halbschlaf an die Zahnstocher-Fechtereien von Disneys "Hexe und Zauberer" aus der Kinderzeit? Um nicht vom Hölzchen aufs Stöckchen zu kommen: "Harry Potter 5" langweilt mit viel Blitz und Leinwanddonner beim Handgelenk-Zucken ohne Karajanschen Geistesblitz. Doch es gibt noch ein anderes Duell in Harry Potter ...
 
Was bisher geschah ... führt zu weit und ist bestimmt von Warner copyright-geschützt. Deshalb nur kurz: Der 15-jährige Zauberlehrling Harry Potter (Daniel Radcliffe) wird öffentlich angegriffen und erlebt in der Oberstufe von Hogwarts den Schmerz von Einsamkeit und Außenseitertum. Selbst Ober-Gandalf Dumbledore, die langbärtige Vaterfigur, hält sich fern. Nur ein treuer Freundeskreis glaubt an die baldige Wiederkehr Lord Voldemoorts und übt stundenlang neue Tricks mit kleinen Zauberstäbchen und Lateinvokabeln. Das erweist sich vorteilhaft im Finale, wo die Schüler bei der Oberstufenfahrt nach London tatsächlich Voldemoort sowie eine besonders hinterhältige Helena Bonham Carter bekämpfen müssen. Die Filmlänge dehnt sich so mühsam über zwei Stunden, zu selten kommen originelle Ideen des Buches wie eine Briefeule vorbeigeflattert.
 
"Harry Potter und der Orden des Phoenix" beginnt als kaltgrauer Horror, peinigt seinen Helden immer wieder mit Albträumen und wirkt stellenweise wie ein erwachsener Film. Doch so ein Potter auf Zelluloid muss jedes Mal mindestens zwei Herren dienen: Da wäre die leidige und dramaturgisch störende Pflicht, der Romane Handlungsfülle hinterher zu hecheln. Und im besten Falle gelingt der Kür eine eigenständige Spannung über zwei Stunden Film. Die lässt sich im inneren Duell von Harry finden. Zum geistesverwandten Todfeind Voldemoort besteht eine Gedankenverbindung, die einerseits gepeinigte Freunde von Harry retten kann, den Jungen aber gefährlich zu beeinflussen droht. Diesem Kampf im Gesicht von Daniel Radcliffe ist das letzte Finale gewidmet, unterstützt durch eine intensive Montage von Erinnerungen und Gefühlen. (Wie überhaupt das Aufgebot an Schauspielkunst beeindruckt.) Der Wert von Freunden und Menschen, die man liebt, erweist sich disney-haft als wirkungsvollste Waffe. Simpel, doch in dieser düsteren Umgebung und für das junge Zielpublikum eine durchaus positive Aussage. Ansonsten bleibt auch marketing-technisch ein Zweifel am Erfolg des Zauberstabs: Wenn jedes dahergelaufene Waldstöckchen Potter-Merchandise sein kann, wird der Kram niemals so cool werden wie Lichtschwerter mit Batterien.

3.7.07

Sketches of Frank Gehry


USA, BRD 2005 (Sketches of Frank Gehry) Regie: Sydney Pollack 83 Min.
 
Der Filmmensch Sydney Pollack ("Jenseits von Afrika" 1985, "Tootsie" 1982, "Die drei Tage des Condor" 1975) begleitete fünf Jahre lang immer wieder seinen Freund Frank Gehry. Das faszinierende und begeisternde Porträt eines prägenden Architekten unserer Zeit bietet eine ungemein reiche und vielschichtige Dokumentation: Da taucht das Gefühl eines jungen Juden in katholischer Umgebung ebenso auf wie die Einflüsse von Hieronymus Bosch oder der einstige Disney-Mogul Michael Eisner, der sich von Gehry ein Eishockey-Stadion bauen ließ.
 
Die "Sketches" von Sydney Pollack, der erste Dokumentarfilm des Oscarpreisträgers, spannen einen mutigen Bogen vom Privaten zum Öffentlichen Raum. In seiner eigenen Gehry-Wohnung begeistert sich der Regisseur über die ungewöhnlichen Lösungen des Architekten. Während sich die Arbeiten in der vielköpfigen, arbeitsteiligen Gehry-Fabrik von angeschnittenen und verdrehten Papiermodellen bis zu eigens entwickelten Computersimulationen entwickeln, nähert sich der Film dem Meisterwerk Gehrys, dem 1997 eröffneten Guggenheim-Museum in Bilbao. Auch die ästhetische Herausforderung, die Faszination von Räumen auf einer zweidimensionalen Leinwand zu zeigen, findet hier ihren Höhepunkt. Man will sofort ein Flugticket nach Bilbao kaufen.
 
Gleichzeitig zeigt uns die enge Freundschaft zwischen Filmer und Objekt einen ungewöhnlich intimen Blick auf den durchaus fragilen Werdegang des heutigen Architektur-Stars. Anteil am Mythos Gehry haben auch die Erinnerungen seines berühmten Therapeuten Milton Wexler, der meint, vor allem er wäre durch seinen Patienten bereichert worden. Gehry ließ sich bei Künstlern, nicht bei "engstirnigen Architekten" inspirieren, war immer Außenseiter. Der Jude änderte 1954 wegen einer Ehefrau seinen Namen von Goldberg in Gehry. Dass man hinter der Fassade des Stars meist einen stillen, sensiblen Menschen sieht, ist das andere Kunststück dieser außerordentlichen Dokumentation.

Flying Scotsman

Flying Scotsman
 
GB, BRD 2006 (The Flying Scotsman) Regie: Douglas Mackinnon Jonny Lee Miller, Laura Fraser, Billy Boyd, Brian Cox, Sean Brown (junger Graeme), 96 Min.
 
"Die Stunde" ist das Härteste! Eddy Merckx gewann fünf Mal die Tour de France, aber "die Stunde" wollte er nie mehr wieder fahren. Am 25. Oktober 1972 legte Eddy Merckx in Mexiko-Stadt in einer Stunde 49,431 km zurück. Der Stundenweltrekord ist eine legendäre Disziplin. Nur die größten Radsportler trauen sich, auf der Bahn innerhalb einer Stunde endlose Runden mit vollem Einsatz zu rasen, um so in 60 Minuten über 50 Kilometer zurückzulegen. Und viele scheiterten daran. Der Schotte Graeme Obree hielt 1993 und 1994 den Stundenweltrekord. Nicht seine Distanz beeindruckte dabei. Der Rekord von Merckx hielt zwölf Jahre; der sagenhafte, mit Hightech erzielte von Francesco Moser zuvor neun Jahre lang. Obree war mehr Individualist als all die anderen einsamen Strampler. Er war Denker, Querdenker. Seine Rekordräder revolutionierten den Sport derart, dass graue Funktionäre seit diesen Jahren den Fortschritt auf alle Ewigkeit untersagt haben. Es gelten nur noch die Zeiten auf "klassischen" Rädern.
 
"Flying Scotsman" erzählt von diesem besonderen Menschen, von seinen seltenen Höhenflügen und seinen gefährlichen Abgründen. Dass dies nicht der übliche Sportfilm aus der Disney-Serienfabrik ist, lässt schon ein düsterer Beginn spüren: Eine Gestalt in Sport-Klamotten stakst durch dunklen Wald. Das geschulterte Rad, irgendwie außerirdisch wirkend, bleibt am Baum zurück, als sich ein starker Ast anbietet, einen Strick zu halten, der am Ende eine düstere Schlinge zeigt...
 
Der frühe Verweis auf schwere Depressionen, die den Ausnahme-Sportler Graeme Obree ein Leben lang verfolgten, geht über in keineswegs heitere Kindheitserinnerungen. Graeme wurde von Mitschülern dauernd schikaniert, erst das von den Eltern geschenkte Rennrad ließ ihn dem Drangsal entfliehen. Seit dieser Zeit raste der Junge selbstverloren durchs Leben, als Fahrradbote verdient er sein Geld, der eigene Radladen ist bald wieder pleite. Eine gute Frau liest ihn auf und begleitet ihn, macht auch die schrulligen Basteleien mit Altmetall und Radteilen mit. Denn Graeme fährt nicht nur mit den Beinen, er benutzt auch seinen Kopf und entwickelt eine sehr eigenartige, aber aerodynamischere Sitzposition, die man eher Liegeposition nennen sollte. Mit Hilfe seines komischen Freundes Malky ("Hobbit" Billy Boyd) treibt man eine Sponsor auf und beim offiziellen Rekordversuch in Hamar scheitert Graeme knapp. Nur um direkt am nächsten Morgen - eine unglaubliche Leistung - doch mit 51,596 km den Stundenweltrekord zu brechen. Dieser hält gerade mal sechs Tage, dann löst der Brite Chris Boardman den Schotten ab.
 
Wer bei Wikipedia Obree sucht, bekommt als zweites Ergebnis Chris Boardman, der letztlich überlegene Rivale machte Geschichte. Dem Schotten bleibt der Kampf mit seinen Dämonen, die immer häufiger auftauchen. Nach autobiographischen Erinnerungen entstand ein ungewöhnliches Stück Sport- und Leidensgeschichte, das allen "Gesunder Geist ..."-Phrasen eine härtere Prüfung als in der härtesten Disziplin entgegenhält: Das Leben an sich.
 
"Flying Scotsman" wurde gefördert von der Filmstiftung NRW und in Folge gedreht auf der Köln-Müngersdorfer Radrennbahn. Im dortigen Oval fand denn auch zwischen den Steilkurven eine stilvolle Open Air-Premiere statt. Der Auftrags-Regisseur Douglas Mackinnon plapperte ungeschickt drauf los, dass er eher von Autos als von Fahrrädern fasziniert sei. Das mag man dem Film teilweise auch ansehen, doch dessen Stärken liegen bei den Figuren und nicht bei der möglichst authentischen Umsetzung von Geschwindigkeitsgefühl oder der enormen Anstrengung eines Zeitfahrens, der härtesten Disziplin beim Radsport. Wobei der eher schlaksige Hauptdarsteller gar nicht erst versucht, den Athleten zu geben. Beeindruckender als der nicht wirklich herausragend talentierte Jonny Lee Miller spielt Brian Cox einen vielschichtigen Gottesmann.

2.7.07

Schwedisch für Fortgeschrittene


Schweden 2006 (Heartbreak Hotel) Regie: Colin Nutley mit Helena Bergström, Maria Lundqvist, Johan Rabaeus 102 Min. FSK: ab 12

Schwedisch für Fortgeschrittene. Lektion 1: Titel lügen! In höchster Verzweiflung, wie man ein mittelmäßiges Filmchen, ohne Inspiration in Bild und Geschichte, an das deutsche Publikum bringen soll, dachte jemand an "Italienisch für Anfänger". Der dänische Film hatte Tiefgang, Witz und Originalität. Der Schwedischkurs bleibt flach. Falls noch mehr Mittelmaß anzupreisen sein wird, hier ein paar Vorschläge: Dänisch für dämliche. Finnisch für Finisher. Norwegisch für ...

Elisabeth und Gudrun raunzen sich zuerst aufs Heftigste an, weil die Politesse der gestressten Tusse ein Knöllchen anhängt. Das Ganze wird doppelt peinlich, als Gudrun (Maria Lundqvist) unerwartet bei der Verwarnten (Helena Bergström, die Gattin des Regisseurs) nackt auf dem Untersuchungstisch liegt - Elisabeth ist Gynäkologin. Nachdem sich beide gesagt haben, die andere habe einen Scheißjob, steht einer Freundschaft nichts mehr im Weg. Vor allem Männer stehen nicht im Weg, denn Elisabeth wird gerade geschieden und Gudruns Mann ist angeblich tot, oder wäre es besser. Verzweifelt, einsam und über vierzig stürzen sie sich ins Nachtleben des "Heartbreak Hotel" (so der Originaltitel), werden von Gudruns Tochter ob dieser Schamlosigkeit angemacht, haben aber trotzdem viel Spaß miteinander. Es ist der Beginn einer völlig uninteressanten Freundschaft.

Apropos unkorrektes Zitat: Wer hier "Thelma & Louise" auffährt, hat nicht aufgepasst oder lügt noch schlimmer als der Titel. Diese betuliche Emanzipation aus Schweden ist so ausgewogen und unaufgeregt wie die Kamera, die brav immer die Köpfchen mitten ins Bild setzt. Bessere skandinavische Komödien wie "Das Fest", "Wilbur" oder "Nach der Hochzeit" mischen hier noch Tod, Hochzeiten und andere Familienfeste rein. Wohlgesagt: Komödien! "Schwedisch für Fortgebliebene" - eine Empfehlung für alle, die mindestens fünf Jahre nicht im Kino waren. Oder man sagt auch gerne: Ganz nett.